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10.2.4 Fallen
Klutkörper, Klutkörperverbände und ganze Gebirgsbereiche können sich aus dem
Gebirge lösen und bei entsprechender Geometrie der Böschung im freien Fall zu Tal
gehen. Je nach Fallhöhe und Volumen der Sturzmasse kann dies zu erheblichen Zerstö-
rungen f ü hren. Bei einem Felssturz löst sich eine zusammenhängende Felspartie, bei
einem Bergsturz st ü rzt ein ganzer Gebirgsbereich zu Tal. Ot k ü ndigen sich Fels- oder
Bergst ü rze durch Steinschlag an. Das folgende Beispiel beschreibt einen Bergsturz, der
sich vor ü ber 100 Jahren in den Alpen ereignete.
„Vielleicht war Gedankenlosigkeit mit im Spiel, ein allzu sorgloser Umgang mit Ge-
fahr und Risiko - Andere meinen: blindes Gewinnstreben habe den Blick getr ü bt
f ü r die Vorzeichen der Katastrophe. Ein Ziegenhirte hatte von gro ß en Rissen be-
richtet, die sich in den Felsen autun. Aber niemand im Dorf hörte auf den kauzigen
Eigenbrötler.“
Mit diesen Worten erinnerte Radio Bayern vor wenigen Jahren an einen Bergsturz, der
am 11. September 1881 das Dorf Elm (Kanton Glarus, Schweiz) zum gro ß en Teil zer-
störte und 116 Menschen das Leben kostete (Georg Bayerle im Bayerischen Rundfunk,
11. 9. 2003). Das Ungl ü ck wurde vom Pfarrer Ernst Buss und Albert Heim ausf ü hrlich
dokumentiert (Buss & Heim 1881).
Als die allgemeine Schulplicht im Jahre 1870 in der Schweiz eingef ü hrt wird, wer-
den sich die verarmten Bergbauern des Dorfes Elm eines Schatzes bewusst, der sie
schnell zu Reichtum bringen wird: Sch ü ler und Lehrer brauchen nun Schiefertafeln,
und Schiefer hat es genug im Tschingelberg oberhalb des Dorfes. In jeder freien Mi-
nute graben sich die Bergbauern weiter in den Berg, um das kostbare Gut zu fördern,
bis sie ihn schlie ß lich auf einer Breite von 180 m um 65 m unterhöhlt haben (Abb.
10.13). Die im Bergbau nicht ausgewiesenen Landleute lassen keine St ü tzpfeiler ste-
hen und versetzen die Hohlräume nicht mit Abraum. Zwar kommt es gelegentlich zu
Steinschlag, doch die Expertenkommission aus Gemeinderäten, Kreis- und Kantons-
förstern beruhigt besorgte Stimmen noch einen Tag vor der Katastrophe:
„Weder an der Plattenbergwand, noch am ü brigen Terrain konnten Veränderungen
wahrgenommen werden, die einigerma ß en auf gro ß e Gefahr hätte schlie ß en lassen,
wenngleich die Felswand hinunter von Minute zu Minute grö ß ere und kleinere
Geröllma ß en ielen.“
Am späten Nachmittag des folgenden Tages, die Schule ist beendet, blickt der Lehrer
Wyss von seinem Haus aus dem Fenster:
„Da plötzlich versinken am Plattenberg die obersten Tannenreihen in der Erde. Und
dann st ü rzt eine Steinlawine herunter ins Dorf. Einige Männer rennen zum Un-
gl ü cksort - sie wollen helfen. Da erfolgt schon der zweite Bergsturz. Geröll und
Schutt fegen noch ü ber die erste Lawine hinweg. Häuser werden eingedr ü ckt, Bau-
ernhöfe fallen in sich zusammen. Und noch einmal vier Minuten später, um kurz
nach halb sechs fällt der ganze Berghang ins Tal: Die riesigen Gesteinsmassen drän-
gen sich in einer den Himmel verinsternden Staubwolke talwärts, verschlingen die
Fliehenden, begraben den ganzen Dorteil im Untertal und zerschmettern Wohn-
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