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Deutsche Werkstätten Hellerau
Die erste deutsche Gartenstadt war ein sozialre-
formerisches Projekt, Hellerau eine Kulturstätte
von europäischem Rang.
Im Frühjahr 1908 kam der Dresdner Tischler
Karl Schmidt auf der Suche nach einem größeren
Betriebsgelände bis auf die Heide beim Dorf
Klotzsche. Schmidt führte bis dahin im Vorort
Laubegast die „Deutschen Werkstätten für
Handwerkskunst GmbH Dresden und Mün-
chen“, die aus allen Nähten platzten. Schmidt
gewann den Bürgermeister von Klotzsche für
seinen Plan, dort eine Gartenstadt mit Werkstät-
tengebäude zu errichten. Der Grundstein für die
„Deutschen Werkstätten Hellerau“ wurde am
9. Juni 1909 gelegt. Wenige Tage später began-
nen die Arbeiten für das Kleinhausviertel Am
Grünen Zipfel.
Möbeltischler Schmidt, der Münchner Archi-
tekt Richard Riemerschmidt und Wolf Dohrn,
Schöngeist und Geschäftsmann, hatten die
„Gartenstadt Gesellschaft Hellerau GmbH
gegründet und damit ein Experiment gewagt,
das für Aufsehen sorgte und bis heute fortwirkt.
Hektar die Architekten Riemerschmid, Hermann
Muthesius, Adolf von Hildebrand und Heinrich
Tessenow die erste deutsche Gartenstadt - ei-
ne Antwort auf die sozialreformerischen Projek-
te der Engländer John Ruskin und William Morris
und die von Ebenezer Howard 1903 bei London
gebaute Gartenstadt Letchworth.
Die Siedlung „Am Grünen Zipfel“ und der
Marktplatz mit seiner Ladenstraße waren das
Herz des grünreichen Gemeinwesens Hellerau,
in dem Arbeiten, Wohnen und Kommunizieren
wieder an einem Ort zueinandergebracht wer-
den sollten. Wer durch Hellerau ging, so Riemer-
schmids Wunsch, „sollte sich denken: ja, die pas-
sen zueinander, die Häuser und die Menschen“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die
Werkstätten als Rüstungsbetrieb - unter ande-
rem waren dort Patronenkisten hergestellt wor-
den - teilweise demontiert. In dem später
„volkseigenen“ Betrieb wirkten neben ande-
ren die Bauhäusler Franz Ehrlich und Selman Sel-
managic. Hellerauer Möbel waren begehrt; die
Formgestalter der Werkstätten orientierten sich
an den Traditionen des Werkbundes und des
Bauhauses. Bis 1990 wurden dann mit „MDW“
wer weiß wie viele Wohnungen eingerichtet -
das Spanplatten-Montagemöbelprogramm
passte exakt in die allerorten hochgezogenen
WBS-70-Plattenbauten.
Ideen des Werkbundes
Die „Deutschen Werkstätten Hellerau“ bauten
Möbel, die sich in Fertigung und Design vom
eklektizistischen Eintopf industrieller Massen-
produktion distanzierten: Werkstattarbeit, Be-
sinnung auf Material, Funktion und eine darauf
abgestimmte Formsprache. Holz und Handwerk
sollten weiterleben in zweckmäßigen Möbeln
und Wohnhäusern. In Hellerau verwirklichten
die drei Werkstätten-Gründer Ideen des 1908
gegründeten Deutschen Werkbundes, dem sie
in zentralen Positionen angehörten.
Mit Hellerau, der „Au am Heller“ (ein Heide-
landstrich im Norden Dresdens) bauten auf 140
Hellerau heute
Der 1992 privatisierte Betrieb beruft sich auf
die progressiven Traditionen der Deutschen
Werkstätten Hellerau. Die denkmalgeschützten
historischen Räume wurden vermietet an Archi-
tekten, Künstler, Designer und Büros von High-
tech-Firmen, die wohl alle ein besonderes Inte-
resse an diesem authentischen Ort europäischer
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