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Kulturgeschichte eint. Hellerau hat mit diesem
„Branchenmix“ auch eine neue zukunftsfähige
Identität erhalten. Der Betrieb profiliert sich mit
einem Produktionssegment, das sich als verläss-
liche Kon stante durch seine gesamte Geschichte
gezogen hat, mit hochwertigem Innenausbau
und anspruchsvoller Objekteinrichtung.
Die Werkstatt-Galerie präsentiert Arbeiten
freier Künstler sowie Raumplanungs- und Mö-
belprogramme aus dem eigenen Haus und in-
ternational führender Hersteller. Neben den
Ausstellungseröffnungen gehören Konzerte von
den Studenten der Hochschule für Musik „Carl
Maria von Weber“ (monatlich, meist am ersten
Mittwoch, 19.30 Uhr), Vorträge und Sommerfes-
te zum Galerieprogramm in diesem von Richard
Riemerschmidt wie eine Schraubzwinge ange-
ordneten Werkstättenbau.
Die Gartenstadt Hellerau sollte, wie die Werk-
stätten mit ihren Möbeln, zum bürgerlichen
Zeitgeschmack und Zeitgeist zukunftsweisende
Alternativen formulieren. Wolf Dohrn kannte
den Schweizer Tanzpädagogen Emile Jaques-
Dalcroze, der sich in Genf mit seiner Improvisati-
onslehre von der Rhythmischen Gymnastik quer
zum konventionellen Verständnis von Tanz ge-
stellt hatte und einen neuen Ort für seine Arbeit
suchte. Dieser Ort sollte Hellerau werden. Dohrn
beauftragte Heinrich Tessenow, dessen sachliche
Häuser das Bild der ländlich-romantischen Gar-
tenstadt bereits in mehreren Straßen kontras-
tierten, mit dem Bau eines Theaters.
Tessenow baute mit dem Festspielhaus am
Rande der Gartenstadt 1911 einen klassisch
schlichten Tempel der Kunst. Ein hoher, von vier
Säulen getragener Dreiecksgiebel betont das Er-
habene dieses Bauwerkes, das aber auch an die-
ser Schauseite nicht die für den einzelnen Besu-
cher fassbaren Maße übersteigt. Vor dem Thea-
ter, zu beiden Seiten der vom Giebel gewiese-
nen Hauptachse, liegt ein streng gegliederter
Platz, den Laubengängen und Wohnpavillons
umgeben.
Jaquez-Dalcroze und der Theatertheoretiker
Adolphe Appia öffneten das Festspielhaus für die
internationale Avantgarde des Theaters, der Mu-
sik und Kunstpädagogik. An der „Bildungsan-
stalt“ experimentierten junge Leute aus 15 eu-
ropäischen Ländern, darunter auch Mary Wig-
man und Gret Palucca. Glanzpunkte setzten die
alljährlichen Feste der Bildungsanstalt, in denen
Schülerinnen und Schüler - in antiker Tradition
- dem Volk ihre Arbeit vorführten. Nach Helle-
rau kamen Klassiker der europäischen Moderne:
Paul Claudel und Franz Kafka, Emil Nolde und Os-
kar Kokoschka, Hans Poelzig, Le Corbusier, El Lis-
sitzki, Igor Strawinski und Sergeji Rachmaninov.
Der tragische Unfalltod Wolf Dohrns (er stürz-
te am 4. Februar 1914 bei einem Skiausflug in
den Walliser Alpen ab) und der Weltkrieg been-
deten die künstlerische Hoch-Zeit am Festspiel-
haus. In den 1920er Jahren war es noch Arbeits-
und Auftrittsort für Künstler; doch schon in der
Zeit der Weimarer Republik bezog die Polizei das
Festspielhaus als Kaserne. Nach dem Machtan-
tritt der Nazis marschierte die SA ein. Nach der
Befreiung blieb die Rote Armee drin - bis 1992.
Der Festsaal wurde zur Sporthalle der Soldaten.
Der Förderverein „Europäische Werkstatt
für Kunst und Kultur“ engagiert sich für die
Sanierung des Festspielhauses. So wurde die
Gartenstadt Hellerau mit Werkstätten und Fest-
spielhaus wieder eine Stätte der Begegnung eu-
ropäischer und internationaler Kultur.
± Förderverein für die Europäische Werkstatt
für Kunst und Kultur Hellerau e. V., Festspiel-
haus, Karl-Liebknecht-Straße 56-58.
± Deutsche Werkstätten Hellerau, Werkstät-
tengalerie, Tel. (0351) 8838202, Mo-Fr 9-16 Uhr
(nicht an Feiertagen).
± www.dwh.de
± www.hellerau.de
± www.festspielhaus-hellerau.com
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