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Anpassung an den Klimawandel
Während all dessen spielte die Frage der Anpassung an den Klimawandel in
Forshung und Diskurs kaum eine Rolle. Im Jahr 2003 gab Hans von Storh dem
Spiegel ein Interview mit dem Titel „Wir werden das wuppen“, in dem er dem dom-
inanten „Klimashutz“ den „Shutz des Menshen vor dem Klima“ gegenüberstellte.
Sein Hauptargument war, dass eine tatsählihe Reduktion des Anstiegs der glob-
alen Emissionen niht erkennbar war und selbst bei einer erfolgreihen Umsetzung
des 2-Grad-Ziels ein weiterer Anstieg um 1,3 Grad zu erwarten sei - shließlih ist
die Temperatur ja seit Anfang der Industrialisierung in der Mite des 19. Jahrhun-
derts erst um 0,7 Grad gestiegen. Das Interview hate den Tenor, dass man sih auh
der Anpassun g 16 an den Klimawandel widmen müsse. Da man womöglih bereits
in der Gegenwart erste Folgen des Klimawandels zu gewärtigen habe - was allerd-
ings in jedem einzelnen Fall immer zu hinterfragen sei - liege es doh nahe, auh
der Anpassung an die zu erwartenden noh shwereren Folgen des Klimawandels
große Aufmerksamkeit zu widmen. 17
Die Reaktion auf das Interview war gemisht, wie wohl immer bei solhen Mein-
ungsäußerungen, aber die meisten Klimaforsher empfanden es als eine Art Nest-
beshmutzung. Zustimmung gab es allenfalls im persönlihen Gespräh, aber niht
öfentlih. Allzu leiht, so die Befürhtung, könnten solhe Äußerungen als Ansh-
lag auf die Klimashutzpolitik verstanden werden, als Vorshlag, die Bemühungen
für Emissionsminderungen einzustellen und statdessen nur auf Anpassung zu set-
zen. Hier grif ein Mehanismus, der sih durh die gesamte Klimadebate zu ziehen
sheint: Wer die Konzentration auf die einzig rihtige politishe Linie - Emissions-
minderung zur Vermeidung des Klimawandels - in Frage stellt, wird verdähtigt,
ein Gegner der „rihtigen“ Klimapolitik zu sein. Dies ist ein weiterer Preis, den die
Klimawissenshat zu zahlen hate: der Verziht auf die ofene Debate, die der Mo-
tor jeden wissenshatlihen Fortshrits ist.
Inzwishen hat sih die Lage allerdings entspannt, und Anpassung ist zu einem
legitimen hema geworden. In Folge hat sogar das Bundesministerium für Umwelt
im Jahr 2008 eine „Deutshe Anpassungsstrategie“ (DAS) beshlossen. In viele re-
gionale und lokale Planungsprozesse, etwa im Hinblik auf Küstenshutz, gehen
Überlegungen ein, wie man auf erwartete Veränderungen in Risiken und Möglih-
keiten reagieren kann. Der öfentlihe Diskurs, die politishe und die wissenshat-
lihe Debate aber konzentrieren sih immer noh auf die Ausrotung des Übels bei
der Wurzel, also auf Emissionsminderung als Allheilmitel. Die Anpassung an den
 
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