Geoscience Reference
In-Depth Information
Die Entwicklung im Nasca-Gebiet steht der Ariden Diagonale
Chiles und der Titicaca-Region diametral gegenüber. Diese war zwi-
schen 9000 und 4500 J.v.h. kaum besiedelt (Mächtle & Eitel 2011).
Zwischen 6000 und 5000 J.v.h. hatte der Titicaca-See sogar seinen
tiefsten Stand. Die Geschichte der Niederschlagsentwicklung verlief
zwischen der Wüstenregion Palpa/Nasca und dem Altiplano mit dem
Titicaca-See offensichtlich zeitlich gegensätzlich.
Die Blütezeit der Paracas- und Nasca-Kultur (800 v.Chr. - 650 n. Chr.)
erklärt sich aus einer klimatisch bedingten agrarischen Begünstigung
ihres Lebensraumes: Die warmen Atacama-Flussoasen am Rio Grande,
Rio Santa Cruz u. a. boten ideale Bedingungen, während die kühleren
Hochlagen lediglich dünn besiedelt und die Titicaca-Region zusätzlich
durch geringere Niederschläge benachteiligt war. Andererseits lässt sich
der Niedergang der Nasca-Kultur um 650 n. Chr. mit einer Wasserver-
knappung in den Oasen begründen, bedingt durch eine Verlagerung
des andinen Niederschlagszentrums in die Titicaca-Region (650 - 1200 n.
Chr.; sog. Mittlerer Horizont). Im Hochland entwickelte sich darauf-
hin die Huari- und Tiwanaku-Kultur um den Titicaca-See.
Ein erneuter Umschwung im Niederschlagsgeschehen begünstigte
nochmals die Nasca/Palpa-Region während der sog. Späten Zwischen-
periode (1200 - 1400 n.Chr.). Es verlagerte sich der Siedlungsschwer-
punkt erneut an den Andenfuß, verbunden mit der Schaffung eigen-
ständiger, arbeitsteiliger Gesellschaften. Beispiel dafür ist die Ciudad
Perdida de Huayuri . Mit der spanischen Eroberung brachen die Nasca,
Inka wie auch andere südamerikanische Kulturen durch Krieg und
eingeschleppte Krankheiten zusammen.
Mensch-Umwelt-Beziehung:
Neodeterministisches Paradigma?
Die Nasca-Kultur im Anden-/Wüsten-Sys-
tem ist ein Lehrstück einer kausal-funk-
tionalen Verflechtung von Orographie,
Klima, Klima- und Landschaftswandel
sowie menschlicher Aktivitäten, die von
resultierenden Gunst- oder Ungunstfak-
toren wesentlich mitbestimmt werden. Die
Beispiele der Auswirkungen klimatischer
Umbrüche und Fluktuationen in Wüsten
und Wüstenrändern machen deutlich, dass
kulturelle Entwicklung i.w.S. in unmittel-
barer Abhängigkeit geänderter Umwelt-
bedingungen steht. Veränderungen der
basalen Lebensumwelt zwingen zu Mi-
gration oder Adaptation, führen zu tech-
nologischem Fortschritt (oder auch zum
Kollaps). Speziell das Leben in klimatisch
labilen, sensitiven Übergangsräumen wie
den Wüstenrandgebieten hat in prekären
Zeiten der Aridisierung Anpassungskräfte
mobilisiert: Innovationen werden dann
und dort stimuliert, wo es die Umstände
erfordern. Es wurde bereits angesprochen:
Verbesserung der äußeren Rahmenbe-
dingungen in klimatischen Gunstphasen
führen eher zu Beharrung denn zu neuen
Entwicklungen.
Issar & Zohar (2004) haben mit ihrer
„Neodeterminismus-Diskussion“ den
Blick wieder auf die intensive Beziehung
zwischen menschlicher Kulturentfaltung
und physischer Umwelt gerichtet. Das
 
Search WWH ::




Custom Search