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Frostwechsel geknüpften Sortierungs-/Entmischungsvorgänge. Die-
se erzeugen die für Kältewüsten charakteristischen Frostmuster-
strukturen: Steinpolygone, -ringe, -streifen u. a. (Foto 68).
Die Anordnung von Steinstreifen und Feinerdebeeten signalisiert
den Prozess der Solifluktion , einer langsamen Abwärtsbewegung der
Verwitterungsdecke. Solche auffälligen Strukturen beruhen auf Volu-
menschwankungen in gemischten Substraten, je nachdem, ob sie im
gefrorenen oder aufgetauten Zustand vorliegen. Der wiederholte Zu-
standswechsel zieht einen komplexen Entmischungsprozess nach
sich, sortiert das primäre Gemisch in grobe und feine Bestandteile
(Blümel 1999). Insofern ist der gängige Fachausdruck Kryoturbation
nicht ganz zutreffend, denn es wird nicht vermischt (lat. turbare),
sondern entmischt, sortiert.
Solifluktion und Kryoturbation als typische Oberflächenprozesse
in Kältewüsten sind dort besonders wirksam, wo der sommerliche
Auftaubereich über dem Permafrost Bodenfeuchte enthält, die sich
beim Gefrieren volumenmäßig um 10 % vergrößert. Je trockener ein
Substrat und je homogener die Korngrößen des Substrats, desto ge-
ringer kann die Kryoturbation strukturbildend wirken. (Zu den Böden
der nordhemisphärischen Kältewüsten sowie der gesamten Arktis s.
Jones et al. 2010; Eberle 1994.)
16.2 Antarktische Kältewüsten
Die für das Nordpolargebiet angeführte ökozonale Untergliederung
ist nicht auf die Antarktis anwendbar. Sie ist räumlich völlig anders
strukturiert: Das Südpolargebiet besteht aus dem weitgehend ver-
eisten Kontinent Antarktika (Eiswüste), von dessen 14 Mio. km 2
Fläche nur etwa 2 % Periglazialgebiete (Kältewüsten) sind, und dem
antarktischen Ringstrom, der im Winterhalbjahr von ca. 22 Mio. km 2
Meereis bedeckt wird. Überschüssige Inlandeismassen bewegen
sich über den Festlandsbereich hinaus und bilden zum Teil riesige
Schelfeisflächen.
Aufgrund der kontinentübergreifenden Inlandvereisung zeigen
sich nur kleinräumige Periglazialgebiete ( Oasen ; s. u.) und eisfreie
Berggipfel, die durchweg als Kältewüste eingestuft werden müssen.
Die größten Polarwüstengebiete liegen in der Ostantarktis und um-
fassen nur einige hundert Quadratkilometer Fläche. Flächendeckende
Vegetationsgesellschaften wie nieder- und hocharktischen Tundren
existieren nicht. Da sich mangels Festlandmassen die Baum- oder
Waldgrenze nicht zur Abgrenzung des Südpolargebiets gegen die
Mittelbreiten eignet, wurde der 60. Breitengrad Süd bestimmt. Er
deckt sich regional mit dem Zusammentreffen wärmerer Wässer aus
den Südozeanen mit dem kalten Ringstrom der Antarktis (Antark-
tische Frontalzone; früher Antarktische Konvergenzzone).
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