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zu ermitteln, da der Schnee stark verdriftet und im Großraum sehr
unterschiedlich mächtig abgelagert wird.
Trotz der vergleichsweise milden Temperaturverhältnisse und der
hohen Niederschläge im Bereich der ozeanischen Antarktischen
Halbinsel finden sich hier wüstenhafte Standorte, die sich nur
mit Wärmemangel erklären lassen (s. u.; Foto 69). Eine zu kühle
und/oder zu kurze sommerliche Vegetationsperiode unterbindet
die Ansiedlung und Reproduktion (höherer) Pflanzen. Es wäre
zutreffender, statt von Kältewüsten von Wärmemangel-Wüsten
zu sprechen.
Als Kältewüste sind arktische und antarktische Bereiche sowie
Gebirgshöhenstufen anzusehen, deren Bewuchsdichte durch Tun-
drenpflanzen weniger als 10 % der Fläche ausmacht. Diese Räume
sind mit dem geomorphologischen Begriff der Frostschuttzone
identisch (Fotos 6, 68). Kältewüsten gehören damit zu den unver-
gletscherten Polarregionen ( Periglazialgebiete ) bzw. zu der sub-
nivalen Stufe einiger Hochgebirge . Am bekanntesten sind Vor-
kommen an den Festlandsrändern rund um das Nordpolarmeer
(Abb. 63). Abgesehen vom kargen oder fehlenden Bewuchs haben
Kältewüsten in ihrem Landschaftsbild viel gemeinsam mit heißen
Wüsten, sodass häufig von Konvergenz-Erscheinungen gesprochen
wird (Steinpflaster, Polygonböden, Deflation usw.).
Arktische Kältewüsten schließen sich - in einem Idealprofil - pol-
wärts an die Zone der hocharktischen Tundra und Fleckentundra an,
die in den heißen Trockengebieten der Halbwüste entsprechen würde
(Abb. 63). Sporadisch verteilte Flechten, Algen und einige Moose
sowie einzelne Blütenpflanzen wie der Polarmohn ( Papaver dahlianum )
kennzeichnen die sporadische Flora der Kältewüste. Es gibt daneben
nur wenige widerständige Polsterpflanzen, Zwergweiden ( Salix polaris ),
Gänsefußgewächse (Chenopodiaceen) oder Gräser ( Carex- Arten), die
lokal in dieser extremen Umwelt zurechtkommen. Auch in den be-
sonders gemilderten Nischen der Antarktischen Halbinsel haben es
bisher nur zwei Blütenpflanzen geschafft, sich anzusiedeln, und zwar
der Perlwurz Colobanthus guitensis und das Gras Deschampsia antarctica .
Wärmemangelgrenze
Im Kontext der begrenzten pflanzlichen Lebensmöglichkeiten und
landschaftsökologischen Differenzierung wird häufig die Kältegren-
ze diskutiert. Sie wird verstanden als spezifischer thermischer To-
leranzbereich, in dem zu niedrige Temperaturen für Organismen
schädigende oder letale Wirkung haben. Für höhere Pflanzen wird
als Kältegrenze meist das Temperaturminimum für eine positive
Nettophotosynthese verstanden (Lex. d. Geogr. 2002). Es ist weniger
die absolute (Winter-)Kälte, die pflanzliches Leben limitiert oder ver-
hindert, sondern es ist vielmehr der erwähnte Wärmemangel wäh-
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