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Brunnen. Mit der zunehmenden Austrocknung zahlreicher Seen
einschließlich des Westnubischen Paläosees (Paläo-Tschad) ver-
siegten auch die Brunnen. Um 2200 v.Chr. erstirbt das dortige
Pastoralnomadentum; nachweislich migrieren Nomaden in das
Niltal. Entlang des mittleren Wadi Howar (300 km weiter südlich)
waren die klimatisch-ökologischen Rahmenbedingungen länger
günstig und ermöglichten um 3000 v.Chr. eine spezialisierte
Rindernomaden-Kultur, die sich auch in altägyptischen Darstel-
lungen wiederfindet (Regionalisierung). Mit der progressiven Ari-
disierung weichen die Wüstenrandbewohner verstärkt auf öko-
logische Nischen und Kleinviehzucht aus (Marginalisierung). Bis
etwa 1500 v.Chr. hatte die Ost-Sahara wieder den Charakter einer
hyperariden Wüste angenommen (Abb. 47F).
Innerhalb der letzten Phase entwickelte sich in der bereits sied-
lungsleeren Wüste ein pharaonischer Karawanenweg (Handel, mi-
litärische Zwecke, Prospektion?) zwischen den Dakhla-Oasen und
dem Gilf Kebir, der sich vermutlich weiter nach W und SW fort-
setzte. Da dieser sog. Abu-Ballas-Trail mit Eseln betrieben werden
musste - das Kamel kam erst vor ca. 2000 Jahren nach Nordafri-
ka - war die Anlage zahlreicher Versorgungsstationen notwendig.
Ob dieser logistisch schwierige Weg Kontakte des Pharaonenreiches
mit einer saharischen Restbevölkerung betrieb, wie dieser Kontakt
ablief bzw. was er bezweckte, ist noch eine offene Frage.
Die Rekonstruktion des klimatischen Wandels, der Landschaftsevo-
lution und Sukzession von der Wüste über eine kulturträchtige Sa-
vanne zurück zur hyperariden Wüste ist ein Paradebeispiel für Wech-
selwirkungen und Interdependenzen, in die der Mensch eingebunden
ist. Er kann ökologische Gunstsituationen nutzen, muss aber auch
weichen oder untergehen, wenn sich die physischen Parameter ver-
schlechtern.
12.1.3.3 Kontinuierlicher oder abrupter Wüsten-Rückfall?
1997 und in den Folgejahren wurden Modellierungsstudien publiziert,
in denen vor 4000 bis 3600 Jahren ein abrupter Übergang von der
Grünen Sahara zurück in den Wüstenzustand stattgefunden haben
soll (stv. Claussen & Gayler 1997; Claussen 2009). Die auslösenden
Ursachen für das Ergrünen der Wüste einerseits und den Rückfall in
die extreme Aridität werden in den damaligen Erdumlaufparametern
gesehen: Im holozänen Klimaoptimum war die Erdachse einige Zehn-
tel Grad stärker geneigt als gegenwärtig. Die Nordhalbkugel erhielt
mehr Sonneneinstrahlung, in deren Folge sich die Monsune Asiens
und Afrikas verstärkten. Mit den zunehmenden Niederschlägen kam
eine Vegetationsdecke auf, die auf die Atmosphäre zurückwirkte und
die Wolkenbildung weiter intensivierte. Weitere Wechselwirkungen
auch zwischen Ozean und nordafrikanischem Festland steigerten
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