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2.2.2 Datierung mit kosmischen Radionukliden
der beiden stabilen Isotope 13 C und 12 C zu vermischen. Auf
unterschiedlichen Wegen gelangt das CO 2 in verschiede-
ne terrestrische Reservoire wie die Bio- und Hydrosphäre.
In der Biosphäre ist dafür die Aufnahme von CO 2 durch
die Fotosynthese der Pflanzen verantwortlich, wodurch 14 C
über die Nahrungskette von allen lebenden Organismen auf-
genommen wird. In die Hydrosphäre gelangt 14 C über die
Lösung von CO 2 als Hydrogenkarbonat (HCO 3 / ins Was-
ser. Dort wird es in organischem Carbonat (Muschelschalen,
Foraminiferen) gebunden und als anorganisches Carbonat
(Seekreide, Höhlensinter) ausgefällt.
Da 14 C kontinuierlich durch die kosmische Strahlung
erzeugt wird, stellt sich ein globales Gleichgewicht zwi-
schen der Produktion und dem radioaktiven Zerfall von 14 C
ein. Hieraus erklärt sich ein nahezu konstantes [ 14 C]/[ 12 C]-
Verhältnis von etwa 10 12 . Endet der Austausch mit dem
globalen Kohlenstoffreservoir, etwa durch Absterben der or-
ganischen Substanz oder die Ausfällung als Carbonat, startet
die radioaktive Uhr. Das Alter des Materials kann dann aus
dem durch radioaktiven Zerfall abnehmenden [ 14 C]/[ 12 C]-
Verhältnis bestimmt werden: Während einer Halbwertszeit
(5730 a) fällt es auf die Hälfte seines Ausgangswertes,
in zwei Halbwertszeiten (11 460 a) auf ein Viertel, und
nach zehn Halbwertszeiten (57 300 a) auf weniger als ein
1‰ ( 2 10 D 1=1024 ;Abb. 2.1 ) . Dies entspricht einem
[ 14 C]/[ 12 C]-Verhältnis von 10 15 , der Nachweisgrenze der
14 C-Methode von etwa 50 000 Jahren.
Das Radiokohlenstoffalter wird entsprechend ( 2.5 ) be-
stimmt:
Die Erde ist kosmischer Strahlung ausgesetzt sowie dem Par-
tikelstrom des Sonnenwinds mit einer Dichte von drei bis
zehn Millionen Elementarteilchen pro Kubikmeter, zusam-
mengesetzt zu 95% aus Protonen, 4% aus Helium-Ionen,
weiteren Anteilen aus schweren Ionen sowie aus entspre-
chend vielen Elektronen (siehe Abschn. 5.2.2 ) . Trifft diese
Strahlung mit einer Geschossenergie von etwa 100 MeV auf
die Stickstoff- und Wasserstoffatome in der oberen Atmo-
sphäre, werden deren Kerne in Spallationsreaktionen zer-
trümmert. Diese setzen eine Kaskade sekundärer Partikel
frei, darunter Protonen, Neutronen und Myonen. Diese er-
zeugen in nachgeschalteten Kernreaktionen in der unteren
Atmosphäre sowohl stabile wie auch instabile Isotope einer
großen Anzahl von Elementen. Einige dieser Isotope be-
sitzen genügend lange Halbwertszeiten, um zur Datierung
geeignet zu sein. Im Folgenden wird hiervon die Datierung
mit Radiokohlenstoff ( 14 C) und Tritium ( 3 H) beschrieben.
Weitere Methoden mit anderen kosmischen Radionukliden
werden z. B. bei Geyh ( 2005 ) und Faure & Mensing ( 2005 )
diskutiert.
(i) Radiokohlenstoff ( 14 C ): Die Datierung mit kosmi-
schem Radiokohlenstoff wurde ab 1947 von Willard F. Lib-
by (USA) und Kollegen an der Universität von Chicago
entwickelt. Für diese Arbeiten erhielt er 1960 den Nobel-
preis für Chemie. Die Methode eignet sich zur Datierung
kohlenstoffhaltigen Materials mit einem Alter von weni-
ger als etwa 50 000 Jahren. Kohlenstoff hat zwei stabile
Isotope, 12 C (98,9%) und 13 C (1,1%). Das dritte, radioak-
tive Isotop 14 C besitzt eine physikalische Halbwertszeit von
5730(40) a und kommt in natürlichem Kohlenstoff in win-
zigster Konzentration ( 10 12 / vor. Das radioaktive Koh-
lenstoffisotop 14 C entsteht aus stabilen Stickstoffmolekülen
14 N in der Atmosphäre, die ein kosmisches Neutron einfan-
gen und dabei ein Proton verlieren. Die Massenzahl bleibt
also gleich, die Kernladungszahl vermindert sich aber um
eins: 1 7 N C 0 n !
2
3
ln Π14 C 0
Π12 C 0
ln Π14 C
Π12 C
Π14 C
Π12 C D
Π14 C 0
Π12 C 0
4
5 :
e œ t
;
also: t D
œ
(2.27)
Das Anfangsverhältnis [ 14 C] 0 /[ 12 C] 0 wird für die letzten
50 000 Jahre als konstant angenommen. Die relativen Zeit-
angaben der radiometrischen Uhr, „vor heute“ bzw. „ before
present (BP )“, sind hierbei vereinbarungsgemäß auf das Jahr
1950 bezogen. Alle konventionellen 14 C-Alter werden mit
der „Libby-Halbwertszeit“ von 5568 Jahren berechnet, die
um etwa 3% kleiner ist als der derzeit akzeptierte Wert von
t ½ D 5730.40/ a. Mit dieser internationalen Festlegung wur-
de erreicht, dass sie vergleichbar bleiben, auch wenn die
physikalische Halbwertszeit einmal genauer bestimmt wer-
den sollte.
Diese Entscheidung war auch deswegen vernünftig, weil
konventionelle 14 C-Alter erst dann mit Angaben in Kalen-
derjahren („absoluten“ Altern) vergleichbar werden, wenn
sie kalibriert worden sind. Ursache für diese methodisch
bedingten Abweichungen der Zeitskalen sind die säkularen
Schwankungen im atmosphärischen [ 14 C]/[ 12 C]-Verhältnis,
die sich aus der natürlichen Variabilität der kosmischen 14 C-
C C 1 p. Mit einer Halbwertszeit von
5715 Jahren zerfällt das instabile 14 C-Isotop spontan wie-
der zu 14 N. Bei diesem -Zerfall (siehe ( 2.1 ) ) zerfällt ein
Neutron unter Abgabe eines Elektrons und eines Elektron-
Antineutrinos in ein Proton. Die kosmischen Neutronen sind
das Ergebnis der Zertrümmerung von Atomkernen (meist
14 N und 16 O) in der Atmosphäre durch energiereiche Proto-
nen, welche diese Neutronen (und weitere Protonen) freiset-
zen. Je nach Energie der primären Protonen kann sich dieser
Prozess über mehrere Generationen erstrecken und eine Viel-
zahl von Neutronen zur Erzeugung von 14 C zur Verfügung
stellen.
Der Radiokohlenstoff wird in der Ozonschicht der Stra-
tosphäre (siehe Abb. 1.1 ) zu 14 CO 2 oxidiert und verbleibt
ungefähr zehn Jahre lang in der Atmosphäre. Das ist ge-
nügend lang, um sich mit dem wesentlich häufigeren CO 2
14
6
 
 
 
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