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Solche Strömungen, die bei geradlinigen Isobaren parallel
zu diesen strömen, werden als geostrophisch 70 bezeichnet.
Eine wichtige Folgerung der Tatsache, dass die Strömungen
im flüssigen Erdkern geostrophisch sind, kommt in dem Satz
von Taylor und Proudman ( Taylor-Proudman theorem )zum
Ausdruck. Dieser besagt, dass eine stationäre, langsame und
reibungsfreie Strömung in einem schnell rotierenden, baro-
tropen 71 und inkompressiblen Fluid zweidimensional ist und
konstant entlang von Linien parallel zur Drehachse verläuft.
Im Ergebnis bilden solche Strömungen sogenannte Taylor-
Säulen aus, parallel zur Erdumdrehungsachse. Man erkennt
dies, wenn man die Rotation von ( 6.103 ) bildet: Zunächst
verschwindet die linke Seite, weil die Rotation eines Gradi-
enten immer null ergibt. Daraus folgt 0 Dr. v / und
hieraus: 0 D .r v / v .r/ C . v r/ . r/ v (weil
für zwei Vektorfelder a und b immer gilt: r. a b / D
a .r b / b .r a / C . b r/ a . a r/ b ). Der erste Term der
rechten Seite wird zu null, da die Strömung inkompressibel
und daher divergenzfrei ist. Der zweite und dritte Term ver-
schwinden, da die Erdumdrehungsrate ortsunabhängig ist.
Damit bleibt: . r/ v D 0 . Weist nun der Vektor der Erd-
umdrehungsrate in Z-Richtung, so gilt mit D .0;0;/
und die Auftriebskraft. Diese wiederum wird durch Dichte-
differenzen angetrieben, die sowohl thermisch als auch durch
unterschiedliche stoffliche Zusammensetzung bedingt sein
können ( compositional convection ).
Schätzwerte der für das Einsetzen freier Konvektion im
äußeren Erdkern erforderlichen Größenordnungen liefert die
Betrachtung dimensionsloser Kennzahlen. Die thermische
Rayleigh-Zahl Ra beschreibt den Grenzfall der rein ther-
misch angetriebenen freien Konvektion in einer von zwei
Flächen konstanter, um T verschiedener Temperatur be-
grenzten Fluidschicht:
g ' T ` 3
Ra D
D Pr Gr I
g ' T ` 3
2
mit: Pr D
und Gr D
:
(6.105)
Hierbei sind g die Schwerebeschleunigung, die kinema-
tische Zähigkeit, die thermische Diffusivität, ' der ther-
mische Ausdehnungskoeffizient, ` die Schichtmächtigkeit
und Gr sowie Pr die Grashof- bzw. Prandtl-Zahl (siehe Kas-
ten 1.2 ) . Beruht der Dichtekontrast, welcher die freie Kon-
vektion antreibt, dagegen auf unterschiedlicher stofflicher
Zusammensetzung, so lautet die entsprechende stoffliche
Rayleigh-Zahl Ra s :
T :
@ v
@ x C
@ v
@ y C
@ v
@ z D 0;
. r/ v D
x
y
„ƒ‚…
D 0
z
„ƒ‚…
D 0
„ƒ‚…
¤ 0
g
C
` 3
also: @ v
Ra s D
D Pr s Gr s I
@ z D 0:
(6.104)
D m
` 3
D m und Gr s D
g
C
Dies bedeutet, dass alle Komponenten des Geschwindig-
keitsfelds parallel zur Erdumdrehungsachse konstant sind
und das Strömungsfeld somit zweidimensional in Ebenen
senkrecht zur Umdrehungsachse verläuft. Die sich daraus
ergebenden Taylor-Säulen werden daher auch für die Strö-
mung im äußeren Erdkern erwartet und wurden auch expe-
rimentell in Laborversuchen bestätigt (siehe Abschn. 5.2.1
und Abb. 5.8 ) .
Allerdings sind die Verhältnisse wohl komplexer, insbe-
sondere in Hinsicht auf die Kräfte, welche eine freie Konvek-
tion im äußeren Kern antreiben oder behindern. Wie schon
im Abschn. 5.2.1 beschrieben, wirken als Volumenkräfte ne-
ben der Schwer- und Coriolis-Kraft auch die Lorentz-Kraft
mit: Pr s D
;
(6.106)
2
wobei C die Konzentrationsdifferenz in einem Zweistoff-
Gemisch ist, “ D .1= V /.@ V =@ C / der dem thermischen
Ausdehnungskoeffizienten analoge stoffliche Ausdehnungs-
koeffizient, D m der molekulare Diffusionskoeffizient des
einen Stoffs im anderen und Gr s sowie Pr s die stoffliche
Grashof- bzw. Prandtl-Zahl.
Eine Analyse mit Hilfe der linearen Störungstheorie (sie-
he Abschn. 7.11.3 im Anhang) ergibt einen von der Mächtig-
keit
und horizontalen Wellenzahl k x der Konvektionszelle
abhängigen Ausdruck der für das Einsetzen freier Konvekti-
on kritischen Rayleigh-Zahl. Bei unterkritischen Werten der
Rayleigh-Zahl ist molekulare Diffusion der dominierende
Transportprozess, bei überkritischen Werten dominiert Ad-
vektion. Die minimale kritische Rayleigh-Zahl ergibt sich
für alle horizontalen Wellenzahlen k x und vertikalen Mäch-
tigkeiten ` , wenn das Produkt . k x `/ 2 gleich   2 =2 ist (siehe
Abschn. 7.11.3 im Anhang):
`
70 Auch die Luftströmungen in der hohen Atmosphäre sind in guter Nä-
herung geostrophisch, besonders stark ausgeprägt in den Strahlstrom-
Systemen ( jet stream s) zwischen oberer Troposphäre und Stratosphäre
(Abb. 1.1 ) . Sie entstehen durch das Zusammenwirken der Coriolis-
Kraft und der Druckgradientenkraft, dem Antrieb der Strömung von
den Hochdruckgebieten in die Tiefdruckgebiete. In den unteren 1,5 km-
2 km der Erdatmosphäre wird der Wind allerdings durch die Boden-
reibung gebremst und weht dann nicht mehr parallel zu den Isobaren,
sondern in Richtung des tiefen Luftdrucks. Hierdurch steigt dieser in-
nerhalb einiger Tage wieder an.
71 Als barotrop werden Schichtungen in einem Fluid bezeichnet, in wel-
chem Flächen gleichen Drucks (Isobaren) parallel zu Flächen gleicher
Temperatur (Isothermen) beziehungsweise gleicher Dichte (Isopyknen)
verlaufen (Gegensatz isoklin: gegen sie geneigt verlaufend).
Ra min
krit
D 27  4 =4 657; 51 :
(6.107)
Die Abb. 6.13 zeigt ihre Variation in Abhängigkeit des
Produktes k x `
. Die minimale kritische Rayleigh-Zahl mar-
kiert den Übergang zwischen dem unterkritischen Bereich
 
 
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