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Kasten 6.3 Eduard Grüneisen §
(* 26. Mai 1877 in Giebichenstein - seit 1900 zu Halle
(Saale); † 5. April 1949 in Marburg) war ein deutscher
Physiker. Als fünfter Sohn eines Pfarrers war Grüneisen
durch sein christliches Elternhaus und das humanistische
Gymnasium geprägt. Mit 17 Jahren begann er nach ei-
gener Aussage ein naturwissenschaftliches Studium (alle
andere Fakultäten waren bereits unter den Brüdern ver-
treten), weil er „sich nichts Besseres denken konnte, als
immer mit physikalischen Fragen zu tun zu haben, bei
denen entweder die Mathematik oder das Experiment si-
chere Entscheidungen gaben“.
gründete er in einer Reihe von Veröffentlichungen zwi-
schen 1908 und 1912 seine Thermodynamische Theorie
des festen Zustands einatomiger Elemente . Er suchte zu-
nächst rein empirisch nach Zusammenhängen zwischen
verschiedenartigen Eigenschaften. Auf dieser Grundla-
ge erarbeitete er mit Hilfe der kinetischen Wärmetheorie
ein Verständnis festkörperphysikalischer Zusammenhän-
ge. Auf diese Weise zeigte er, dass der Quotient '= c p aus
thermischem Ausdehnungskoeffizient und spezifischer
Wärmekapazität eine von der Temperatur unabhängige
Konstante ist, trotz der starken Temperaturunabhängig-
keit beider Eigenschaften. In der Folge erweiterte er diese
„Grüneisenregel“ zu dem später nach ihm benannten di-
mensionslosen Quotienten der Produkte aus thermischem
Ausdehnungskoeffizienten und Kompressionsmodul so-
wie Dichte und spezifischer Wärmekapazität. Hierdurch
ist Grüneisens Name in der Physik mit der Erforschung
der allgemeinen Zustandsgesetze von Festkörpern ver-
bunden. Thermodynamisch ist der Grüneisen-Parameter
durch ( 6.62 ) und ( 6.63 ) definiert. Eine äquivalente De-
finition über die Frequenzen der Gitterschwingungen
eines Kristalls basiert auf dem linearen Zusammenhang
zwischen der relativen Frequenzänderung @¨=¨ einer
bestimmten Schwingungsmode eines Phonons mit der re-
lativen Volumenausdehnung @ V = V:
” D @. ln ¨/
@. lnV /
V
¨
@ V :
D
(6.65)
Er studierte in Halle, Charlottenburg (heute zu Ber-
lin) und Berlin, wo ihn vor allem Max Planck und Emil
Warburg beeindruckten, bei dem er auch promovierte.
Schon vor dem Ablegen der Prüfung erhielt er 1900
von Friedrich Kohlrausch eine Assistentenstelle an der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR) in Char-
lottenburg, der Vorgängerin der heutigen Physikalisch-
Technischen Bundesanstalt (PTB). Schnell stieg er dort
auf, wurde 1904 ständiger Mitarbeiter, 1911 Professor
und „Mitglied“ sowie Leiter des Schwachstromlabors.
Ab 1919 leitete er die Abteilung für Elektrizität und
Magnetismus. Diese war mit zehn Laboren und 24 Wis-
senschaftlern die größte der PTR. Schon 1905 habilitierte
er sich in Berlin, lehnte aber mehrere Rufe ab, bis er
1927 den Ruf als ordentlicher Professor der Experimen-
talphysik und Direktor des Physikalischen Instituts an der
Universität Marburg annahm. Dort blieb er bis zu sei-
ner Emeritierung im Jahr 1947. Von 1929 bis zu seinem
Tod 1949 war Eduard Grüneisen Herausgeber der Anna-
len der Physik .
Grüneisen war, geprägt durch seine Arbeit an der PTR,
ein hervorragender Experimentalphysiker und verfeinerte
ständig Messmethoden. Auf seinen Präzisionsmessungen
Typische Werte von liegen bei Zimmertemperatur so-
wie auch in der Erde zwischen 1 und 2 (Abb. 1.14 ) .
Somit ändern sich Volumen und Phononenfrequenzen et-
wa gleich stark.
Grüneisen entwickelte an der PTR eine Methode
zur hochgenauen Bestimmung des elektrischen Wider-
stands und fand, etwa zeitgleich mit Felix Bloch, 1930
den Zusammenhang zwischen dem elektrischen Wider-
stand von Metallen und der Temperatur (siehe Fußnote
57): Die Grüneisen-Bloch-Widerstandsformel ergibt bei
sehr niedrigen Temperaturen ein T 5 -Gesetz, bei höheren
Temperaturen steigt der elektrische Widerstand jedoch
proportional mit der Temperatur an. Weiter entwickel-
te Grüneisen Methoden zur Messung der elektrischen
Permittivität mit einem Drei-Platten-Kondensator und
der Schallgeschwindigkeit von Gasen in einem breiten
Frequenzbereich mit einem von ihm entwickelten Fre-
quenzgenerator. Überdies untersuchte Grüneisen den Zu-
sammenhang zwischen der elektrischen und der Wär me-
leitfähigkeit. Im Jahr 1926 erkannte er auf der Grundlage
umfangreicher Messungen an verschieden stark verunrei-
 
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