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diesen Proben bestimmten Virtuellen Geomagnetischen Pole
(VGP) der Einzelbestimmungen streuen somit um den zuge-
hörigen Paläomagnetischen Pol, welcher mit einem der Pole
der Rotationsachse übereinstimmt.
Die Voraussetzung eines axialen, geozentrischen magne-
tischen Dipols bestimmt die Arbeitsweise der Paläomagne-
tik. Dies beginnt bei einer gestuften Probennahmestrategie
zur Minimierung statistischer Fehler, mit Mittelung und
statistischer Analyse auf jeder Stufe. In der Praxis wer-
den pro Lokation sechs bis zehn Proben genommen, aus
denen ein Mittelwert der paläomagnetischen Richtungen be-
stimmt wird. Der Mittelwert für eine bestimmte Formation
wird dann aus den Mittelwerten bestimmt, welche an 10
bis 20 Probennahmelokationen in dieser Formation ermittelt
wurden. Unter anderem an den Basaltaufschlüssen der Ei-
felmaare, aber auch an anderen Stellen, fallen die von den
Paläomagnetikern hinterlassenen zylindrischen Löcher der
entnommenen kleinen Proben selbst Spaziergängern ohne
geophysikalischen Forscherblick ins Auge.
Eine zweite Grundannahme ist, dass die natürliche re-
manente Magnetisierung (NRM) einer Probe zur Zeit der
Gesteinsbildung bzw. zu einem anderen wohlbestimmten
Zeitpunkt erworben wurde und seither unverändert blieb.
In Wahrheit setzt sich die NRM jedoch aus verschiedenen,
zu unterschiedlichen Zeiten erworbenen Komponenten zu-
sammen. Diese späteren Komponenten müssen daher durch
eine Entmagnetisierung ( magnetic cleaning ) wieder entfernt
werden. Dies geschieht, indem eine Probe dem schrittwei-
se abnehmenden Wechselfeld einer Spule ausgesetzt wird.
Hierdurch werden die magnetischen Momente der Gesteins-
körner, welche eine geringere Koerzitivkraft als die Stärke
des Wechselfelds besitzen, bei immer geringer werdender
Feldstärke entsprechend ummagnetisiert und schließlich auf
null gebracht. Nur die Teile der Magnetisierung mit grö-
ßerer Koerzitivkraft als die Wechselfeldstärke überstehen
diese Entmagnetisierung (Abb. 5.27 ) . Dieser Prozess wird
bei steigender Wechselfeldstärke so lange wiederholt, bis die
remanente Magnetisierung völlig ausgelöscht ist.
Aus speziellen Auftragungen dieser Entmagnetisierungen
kann die Magnetfeldrichtung zur Zeit der Gesteinsbildung
entnommen werden (Abb. 5.27 ) . Hierzu wird die Entmagne-
tisierung der Probe auch mit speziellen Vektordiagrammen
dargestellt, um die Stabilität der ermittelten NRM darzustel-
len. Schließlich kommen statistische Methoden zum Einsatz,
um die mittlere Magnetisierungsrichtung eines Probenen-
sembles oder in einer Formation zu bestimmen.
Vor der Einführung der Methode der Entmagnetisierung
zum Nachweis der Stabilität der NRM wurden hierfür ver-
schiedene Feldtests verwendet: der Faltungstest und der
Polumkehrtest. Beim Faltungstest wird geprüft ob die Ma-
gnetisierungsrichtungen dieselbe Rotation erfahren, wie die
gefaltete Schicht. In diesem Fall wurde eine stabile NRM
vor der Faltung erworben. Sind die Magnetisierungsrichtun-
Abb. 5.28 Methode zur Bestimmung des virtuellen geomagnetischen
Pols (P) aus der für eine Lokation S bestimmten Paläo-Deklination
D und Paläo-Inklination I. Die Paläopolhöhe p wird aus der Inklina-
tion nach Gleichung ( 5.20 ) bestimmt, die Lage des VGP sodann als
Schnittpunkt des Großkreises (fetter Kreisbogen), auf dem sowohl die
Probenlokation S als auch der Paläopol P liegen und der mit dem Nord-
Süd-Meridian durch die Probenlokation den Winkel der Deklination
aufspannt (nach ©McElhinny 2007 )
gen der gefalteten Schicht jedoch konstant und nicht von der
Faltung beeinflusst, so wurde die NRM nach der Faltung er-
worben. Der Polumkehrtest kann angewendet werden, wenn
die Proben ein genügend großes Zeitintervall repräsentieren,
in dem es zur Polumkehr gekommen ist. Dann müssen die
jeweiligen Magnetisierungsrichtungen für eine stabile NRM
exakt antiparallel liegen. Abweichungen hiervon weisen auf
nicht bereinigte Sekundärmagnetisierungen hin.
Nach erfolgreicher Datenbearbeitung und -auswertung
kann aus den ermittelten Paläorichtungen, also Inklination
und Deklination, der virtuelle geomagnetische Pol (VGP)
bestimmt werden. Abbildung 5.28 illustriert die Vorgehens-
weise hierfür: Zunächst wird aus der Beziehung ( 5.25 ) die
Polhöhe aus der bestimmten Inklination berechnet. Der vir-
tuelle geomagnetische Pol kann zunächst überall entlang
eines Kreises um die Lokation mit dem Radius des Polab-
stands liegen. Dann wird die Deklination benutzt, um den
Großkreis zu ermitteln, welcher durch die Lokation und den
Paläopol verläuft. Da die Deklination bezüglich des geo-
grafischen Pols definiert ist, kann dieser Großkreis leicht
aufgetragen werden. Der Schnittpunkt beider Kreise defi-
 
 
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