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Betrag gleich, aber im Vorzeichen entgegengesetzt dem der
Erde - welche sich aus der Verteilung positiv und negativ io-
nisierter Luftmoleküle ergibt. Von außen aus dem Weltraum
betrachtet ist die Erde also elektrisch neutral: Der negati-
ven Aufladung der Erdoberfläche steht eine entsprechend
positive Aufladung der oberen Atmosphäre gegenüber, der
Ionosphäre in einer Höhe zwischen 80 km und 1500 km
über der Erdoberfläche. Die leitenden, annähernd sphäri-
schen Oberflächen der Erdoberfläche und der Ionosphäre
bilden einen Kugelkondensator, an dem eine Spannung von
200 kV-250 kV liegt. Die Erdoberfläche ist der negative, die
Ionosphäre der positive Pol, und die Kapazität beträgt 2,4 F-
3,0 F. Bei einem elektrischen Widerstand der Erdatmosphäre
von etwa 220 fließt zwischen Atmosphäre und Erde ein
Strom von ca. 90 A-1140A.
Da sich die Erde in erster Näherung wie ein einheitli-
cher elektrischer Leiter verhält, auf dessen Oberfläche sich
Ladungen gleichmäßig verteilen, bildet sie eine elektrische
Äquipotenzialfläche. Es ist üblich, dieses Potenzial als Be-
zugsniveau für elektrische potenzielle Energie zu verwenden
und als Nullpunkt zu definieren. Positiv und negativ geladene
Körper weisen somit positive und negative Potenzialdif-
ferenzen oder Spannungen gegenüber der Erde auf. Man
beobachtet natürliche Potenzialunterschiede in der Erde über
Körpern, die ein eigenes elektrisches Feld besitzen, wie
es beispielsweise als Folge elektrochemischer Reaktionen
entsteht. Diese Einlagerungen verhalten sich also wie eine
galvanische Zelle - man spricht daher auch von „Geobat-
terien“. In Kruste und Mantel der Erde fließen natürliche
Stromsysteme. Diese „tellurischen“ (Erd-)Ströme werden
durch elektromagnetische Wechselfelder unterschiedlicher
Frequenzen in der Ionosphäre induziert. Zusammen mit dem
Erdmagnetfeld bilden sie die Grundlage der Magnetotellu-
rik, einer elektromagnetischen Methode zur Untersuchung
der Leitfähigkeitsstruktur der Erdkruste (vgl. z. B. Simpson
&Bahr 2005 ) .
Die positiven Ladungen der Ionosphäre werden im ne-
gativen elektrischen Feld der Erde nach unten beschleunigt.
Dieser vertikale Ladungsstrom würde die Aufladung von
Erdkörper und Ionosphäre bald abbauen, würde diese nicht
durch den elektrischen Generator der weltweiten Gewittertä-
tigkeit aufrechterhalten: Weltweit finden zu jedem Zeitpunkt
etwa 2000 Gewitter statt (vorwiegend über den tropischen
Landgebieten), welche mit ihren Blitzentladungen dem ne-
gativ geladenen Erdkörper weitere negative Ladungen zu-
führen und so dem Abbau der negativen Aufladung des
Erdkörpers entgegenwirken (Abb. 5.15 ) .
Obwohl viele Einzelheiten der Gewitterphysik noch nicht
vollständig verstanden sind, lässt sich vereinfacht sagen,
dass die für die Ladungstrennung verantwortlichen Prozesse
der Reibungselektrizität ähnlich sind und dass die durch Son-
nenenergie angetriebene thermodynamischeWettermaschine
auch den elektrischen Generator antreibt. Die Voraussetzung
für Gewitter sind zunächst Wolken - Blitze aus „heite-
rem Himmel“ sind sehr selten. Die Ladungstrennung erfolgt
offenbar in der Gewitterwolke. Hierbei sind die Wolken ge-
genüber der Erde negativ aufgeladen, das lokale elektrische
Feld ist also bei einem Gewitter nach oben gerichtet. Beträgt
die nach unten gerichtete elektrische Feldstärke bei wolken-
losem Himmel am Erdboden im Mittel 135Vm 1 , ändert
sich dies beim Herannahen einer Gewitterwolke. Bei einer
Annäherung auf etwa 7 km steigt der Betrag der Feldstärke
schon auf 5 kVm 1 und ist nun nach oben gerichtet. Beim
Durchzug der Wolke werden Werte bis zu 200 kVm 1 er-
reicht. Die Thermik der Gewitterwolke bewirkt in einem
zentralen, 8 km-10 km hohen, schmalen Schlauch einen auf-
wärtsgerichteten Luftstrom hoher Geschwindigkeit (unten
5ms 1 , oben bis zu 40m s 1 / , während ringsherum die Luft
abwärts strömt. Die feuchtwarme Luft kühlt sich beim Auf-
steigen zunehmend ab, sodass die Wassertröpfchen der Luft
zu großen Graupel- und Hagelkörnen anwachsen und der
Wasserdampf der Luft zu kleinen Eiskristallen. Der star-
ke, gegenläufige Auf- und Abwärtsstrom mit wachsenden
bzw. schmelzenden Teilchen ist für die Ladungstrennung so-
wie für die Ansammlung positiver Ladungen im oberen Teil
der Wolke und negativer in ihrem unteren Teil verantwort-
lich. Aus der mit Ionen beiderlei Vorzeichens durchsetzten
Luft binden kleine Wassertropfen und Eiskristalle auf ihrem
Weg von oben nach unten in der Gewitterwolke vorzugs-
weise negative Ladungen, während der nach oben gerichtete
Luftstrom die positiven Überschussladungen in Richtung der
Ionosphäre transportiert. Erreicht die elektrische Feldstärke
zwischen den beiden Teilen der Wolke oder zwischen Wolke
und Erde mit 1MVm 1 die Durchschlagfestigkeit der Luft,
so kommt es zu Blitzen, natürlichen Funkenentladungen von
einigen Kilometern Länge. Der voll ausgebildete Plasma-
schlauch des Entladungskanals hat einen Durchmesser von
etwa 10 cm-20 cm. Die Größenordnung der in Blitzen zur
Entladung kommenden Spannungen beträgt 1 GV. Die da-
bei auftretenden Stromstärken - aus den magnetischen und
thermischen Wirkungen abgeleitet - liegen um 20 kA. Bei
mittleren Blitzdauern von 1 ms entladen sich in einem Blitz
somit 20 C; die dabei umgesetzte Energie beträgt 20GJ oder
rund 5MWh. Weltweit 10 8 Blitze pro Jahr entsprechen
somit 2000 PJ pro Jahr und damit ziemlich genau dem deut-
schen Stromverbrauch von 540 TW h im Jahr 2010.
5.3 Entwicklung des Erdmagnetfelds
nach inneren und äußeren Quellen
Wir wissen heute, dass das Erdmagnetfeld aus drei Anteilen
besteht: (1) dem Hauptfeld, das in komplexer Weise durch
ein Stromsystem im flüssigen äußeren Erdkern erzeugt wird;
(2) dem Krustenfeld, welches von der Magnetisierung eines
Teils der Gesteine der Erdkruste herrührt; (3) dem extra-
 
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