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fangen. Die D-Schicht in 80 km-100 km Höhe ist am erd-
nächsten. Sie wurde bereits 1902 entdeckt, bevor das Wesen
der Ionosphäre verstanden war, da sie elektromagnetische
Langwellen reflektiert. Die E-Schicht dagegen reflektiert be-
sonders kurzwellige Radiosignale. Die beiden F-Schichten
sind am stärksten ionisiert.
Wesentlich stärkere Variationen als mit dem Ort wer-
den durch die zeitlichen Änderungen der erdmagnetischen
Feldkomponenten bewirkt. Sie werden durch Stromsyste-
me in der Ionosphäre hervorgerufen, welche ihre Quel-
len in Stromwirbeln in der hohen Atmosphäre haben, in
den von lunaren und solaren Gezeiten getriebenen iono-
sphärischen Winden sowie der Partikelstrahlung der Son-
ne. Auch Blitze regen in Atmosphäre und Ionosphäre ein
breites Spektrum elektromagnetischer Wellen an, die als at-
mosphärische Impulsstrahlung (AIS) bzw. als sferics (von
atmos pheric ) bezeichnet werden. Niederfrequente Wellen
breiten sich hauptsächlich in der nur wenig leitfähigen At-
mosphäre zwischen der elektrisch gut leitenden Erdoberflä-
che und der gut leitenden D-Schicht der Ionosphäre aus.
Dabei wirkt der Raum zwischen der Erde und Ionosphäre als
Hohlraumresonator. Als Schumann-Resonanzen werden die
Frequenzen der stehenden elektromagnetischen Wellen im
Hohlleiter zwischen Erdoberfläche und Ionosphäre bezeich-
net, derenWellenlänge ein ganzzahliger Teil des Erdumfangs
ist. Werden in der Atmosphäre z. B. durch Blitze elektro-
magnetische Wellen mit solchen Frequenzen angeregt, so
entstehen stehende Wellen. Ihre Frequenzen wurden 1952
von dem Physiker Winfried Otto Schumann (1888-1974)
an der Technischen Universität München theoretisch be-
rechnet (Schumann 1952 ) . Die Grundmode der Schumann-
Resonanz läge für einen mittleren Erdradius r E D 6371 km
und die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht im Vakuum
von c 0 D 299 792;458 km s 1 (siehe Tab. 7.6 ) rechnerisch
fast exakt bei 7,5Hz. Schumanns genauere Analyse ergibt
den Zusammenhang zwischen der Frequenz f n der n-ten
Harmonischen der stehenden Welle und der von der elek-
trischen Leitfähigkeit ¢ abhängigen Ausbreitungsgeschwin-
digkeit v .¢/ der Wellen im etwa 80 km dicken, von der
Erdoberfläche und der D-Schicht der Ionosphäre begrenzten
Wellenleiter:
jenen über die Variation der elektrischen Leitfähigkeit der
Atmosphäre werden die Schumann-Wellen auch zur Ortung
von Blitzen in der Atmosphäre genutzt. Ganz analog zur
Bestimmung der Epizentren von Erdbeben erfordert dies
Aufzeichnungen der Magnetfeldstärke an theoretisch min-
destens drei über den Globus verteilten Orten und eine auf
10ms genaue Zeitbestimmung. Das World Wide Lightning
Location Network (WWLLN 51 ) ist ein an der Universität
von Washington koordiniertes, seit 2004 betriebenes inter-
nationales Netzwerk aus derzeit 50 Stationen zur Blitzortung
auf der Basis von Schumann-Wellen. Es beobachtet die Ge-
witteraktivität weltweit in Echtzeit und macht die Daten mit
einer Verzögerung von nur einer Minute über das Internet
verfügbar (Abb. 5.15 ) . Vor allem für den internationalen
Luftverkehr ist dies von großer Bedeutung. Da man damit
Blitze unterschiedlicher Ursprungsart ortet, kann auch die
Aktivität der weltweit etwa 1500 aktiven Vulkane beobachtet
werden, vor allem in entlegenen, ansonsten unbeobachteten
Gebieten. Wie wichtig dies sein kann, wurde eindrücklich
demonstriert, als der Ausbruch des isländischen Vulkans
Eyjafjallajökull im April 2010 fast den gesamten europäi-
schen Luftverkehr bis zu den Kanarischen Inseln rund eine
Woche lang lahmlegte: Hunderte von Flughäfen wurden ge-
schlossen, mehr als acht Millionen Reisende saßen fest. In
Deutschland war der Luftraum für viereinhalb Tage ganz
oder teilweise gesperrt, und 40 000 Flüge fielen aus.
Aufgrund der Asymmetrie der Ionosphäre zwischen der
Tag- und Nachtseite der Erde variiert die Stärke des Erd-
magnetfelds mit einer Amplitude von 10 nT-30 nT mit ei-
ner Periode von einem Tag. Diese zeitliche Oszillation des
Magnetfelds wird daher als tägliche ( diurnal ) Variation be-
zeichnet. Sie variiert sowohl mit der Breite als auch mit
der Stärke der Sonnenaktivität. An Tagen mit besonders ge-
ringer Sonnenaktivität wird die tägliche Variation als solar
quiet (S q / charakterisiert. Die Überlagerung der damit ver-
bundenen, auf der Nord- bzw. Südhalbkugel ostwärts bzw.
westwärts gerichteten Stromsysteme erzeugt um den magne-
tischen Äquator herum den starken äquatorialen Ringstrom
( equatorial electrojet )(Abb. 5.13 ) . An normalen Tagen oder
solchen mit besonders hoher Sonnenaktivität wird die S q -
Variation von der gestörten ( disturbed )S D -Variation über-
lagert. Diese wird durch magnetische Stürme verursacht,
die mit Sonnenflecken und den Protuberanzen in Zusam-
menhang stehen: hellen Sonneneruptionen ( solar flares )im
sichtbaren Teil der Chromosphäre der Sonne (Abb. 3.61 ) ,
deren Anzahl bzw. Stärke in einem 11-jährigen Zyklus va-
riiert. Abbildung 5.16 zeigt ein Amplitudenspektrum der
geomagnetischen Variationen; Tab. 5.8 zeigt eine Zusam-
menfassung der Quellen des Erdmagnetfelds hinsichtlich
Ursache, Entstehungsort, Verteilung an der Erdoberfläche,
absoluter bzw. relativer Größe und Periode der Variationen.
r E p n
v
.¢/
f n D
.
n C 1/ :
(5.41)
Aus den gemessenen Schumann-Resonanzfrequenzen (f 1 D
7;83 Hz; f 2 D 14;3 Hz; f 3 D 20;8 Hz; f 4 D 27;3 Hz; f 5 D
33;8 Hz) ergeben sich mit ( 5.41 ) Ausbreitungsgeschwindig-
keiten zwischen 73% und 83% der Lichtgeschwindigkeit im
Vakuum. Die damit in Zusammenhang stehenden Variatio-
nen der Magnetfeldstärke B liegen in der Größenordnung
von 10 15 T- 10 10 T. Durch atmosphärische Turbulenzen
sowie Variationen der Höhe zur D-Schicht können diese Fre-
quenzen leicht variieren. Neben diesen Erkenntnissen und
51 http://www.wwlln.net .
 
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