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des Erdmagnetfelds gerade gegenseitig auf. In Richtung der
Sonne sind die Feldlinien des Erdmagnetfelds geschlossen,
während sie auf der Nachtseite in einen offenen Schweif
auslaufen (Abb. 5.13 ) . Der Abstand der Magnetopause vom
Erdmittelpunkt beträgt in ungestörten Zeiten auf der Sonnen-
seite acht bis zwölf Erdradien, bei erdmagnetischen Stürmen
kann sich diese Entfernung innerhalb von Minuten auf die
Hälfte reduzieren. Magnetfeldmessungen auf der Nachtseite
der Erde ergaben, dass das Erdmagnetfeld südlich der Ek-
liptikebene nahezu parallel zum Sonnenwind gerichtet ist,
nördlich davon antiparallel. In der Mitte des Magnetosphä-
renschweifs liegt die sogenannte Neutralschicht, ein ebenes
Gebiet mit einer Dicke von 500 km-5000 km, in dem sich die
Richtung des Erdmagnetfelds unmittelbar umkehrt und die
Feldstärke auf einen sehr kleinen Wert absinkt. In der Um-
gebung der Neutralschicht befindet sich eine größere, fünf
bis zehn Erdradien dicke Plasmakonzentration, in welche die
Neutralschicht eingebettet ist.
Das Durchströmen der Magnetosphäre durch den Son-
nenwind erzeugt über den damit verbundenen Dynamoeffekt
ein kompliziertes System von Strömen im Innern der Ma-
gnetosphäre. Der Plasmastrom des Sonnenwinds entspricht
dabei dem Rotor eines Dynamos, das Erdmagnetfeld dem
Stator. Die dabei im Einzelnen wirkenden Prozesse sind
kompliziert und auch heute noch nicht bis ins Letzte verstan-
den. Unter anderen bewirkt der Sonnenwind-Dynamo den
äquatorialen Ringstrom, der in der Äquatorebene von Osten
nach Westen in einem Abstand von vier bis sechs Erdradien
fließt und hauptsächlich von Protonen getragen wird. Das mit
diesem Ringstrom verbundene Magnetfeld ist dem Erdma-
gnetfeld entgegengerichtet. Während magnetischer Stürme
erfährt dieser Ringstrom durch den Zufluss von Teilchen aus
dem Magnetosphärenschweif eine bis zu mehr als hundert-
fache Verstärkung. Man beobachtet an der Erdoberfläche in
niedrigen Breiten dann eine entsprechend deutliche Vermin-
derung der Gesamtfeldstärke.
Das Erdmagnetfeld hält Elektronen, Protonen und Ionen
in seinen beiden (Van Allen-)Strahlungsgürteln gefangen
(Abb. 5.14 a ). Der innere Strahlungsgürtel enthält haupt-
sächlich Protonen, der äußere energiereiche Elektronen. Die
Wirkung dieser als „magnetische Flaschen“ wirkenden Ma-
gnetfallen beruht darauf, dass ein Magnetfeld B eine Kraft
auf elektrische Ladungen nur dann ausübt, wenn diese sich
senkrecht zu B bewegen. Die Bewegung parallel zu B ist da-
gegen kräftefrei. Daher bewegen sich Elektronen, Protonen
und Ionen nahezu widerstandslos entlang der Magnetfeldli-
nien, während sie auf Bahnen senkrecht dazu diese nur um-
kreisen können. Zusammen ergibt dies spiralförmige Bahnen
entlang der Magnetfeldlinien, deren Radien mit Annäherung
an die Erde gegen null streben, wo es zur Umkehr der Spi-
ralbahn kommt. Auf diese Weise bewegen sich die Teilchen
bis zu mehreren Jahren zwischen den beiden Polarregio-
nen des Erdmagnetfelds immer wieder hin und her, wobei
sie Synchrotron-Strahlung aussenden. Diese feldparallelen
( field aligned ) Birkeland-Ströme 50 werden im Wesentlichen
von Elektronen getragen und dringen besonders in den Polar-
gebieten bis auf Höhen von 100 km-150 km in die E-Schicht
der Ionosphäre ein, wo sie die Polarlichter erzeugen. Dort
wird auch der Stromkreis zwischen den nach innen und
außen gerichteten Birkeland-Strömen durch die Pedersen-
Ströme geschlossen (auf der Morgenseite der Nordhalbku-
gel in Nord-Süd-Richtung fließend, auf der Abendseite der
Nordhalbkugel in Süd-Nord-Richtung). Diese treiben ihrer-
seits Hall-Ströme in Ost-West- bzw. West-Ost-Richtung an.
Diese bilden das polare Ringstromsystem. Dessen Ausdeh-
nung beträgt in vertikaler bzw. horizontaler Richtung etwa
30 km bzw. einige hundert Kilometer. Der Gesamtstrom
kann bei stark gestörten Bedingungen auf eine Million Am-
pere anwachsen. Ein analoger polarer Ringstrom existiert auf
der Südhalbkugel. Während die Ringströme bereits seit der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekannt sind, weiß man
von den feldparallelen Strömen erst seit Beginn der Erkun-
dung der Magnetosphäre und des Weltalls mit Raketen und
Forschungssatelliten.
Fließt ein elektrischer Strom durch einen elektrischen
Leiter nicht verschwindenden Widerstands, wie beispiels-
weise die Pedersen-Ströme durch die Ionosphäre, so wird
ein Teil der Energie in ohmsche Wärme gewandelt. Hier-
durch erhitzt sich das Ionosphären-Plasma wie in einem
elektrischen Ofen. Es gibt diese Wärme sodann an das
elektrisch neutrale Gas der Atmosphäre ab, wodurch auch
dieses heiß wird. Obwohl die Wärmequelle in einer Höhe
von 100 km-200 km über der Erdoberfläche liegt, wird letzt-
lich die gesamte Thermosphäre (zwischen etwa 80 km und
1000 km; siehe Abb. 1.1 ) beeinflusst und dehnt sich aus.
Wegen der Lage der polaren Ringströme wird diese Wärme
zunächst in hohen geografischen Breiten zugeführt, gelangt
dann aber durch Winde und atmosphärische Wellen auch in
gemäßigte Breiten.
Die Erde wird durch ihr Magnetfeld weitgehend ge-
gen den Sonnenwind abgeschirmt. Ausnahmen hiervon sind
Löcher in der Magnetopause, durch die das Plasma des Son-
50 Benannt nach dem norwegischen Physiker Kristian Olaf Bernhard
Birkeland (1867-1917), der auf der Grundlage von Magnetfeldmessun-
gen während mehrerer, von ihm organisierter norwegischer Polarexpe-
ditionen und von Kathodenstrahlexperimenten an einer magnetisierten
Modellerde (Terrella) das Polarlicht durch das Eindringen elektrisch
geladenen Teilchen in die obere Atmosphäre entlang von Magnet-
feldlinien erklärte. Zusammen mit dem norwegischen Ingenieur und
Industriellen Sam Eyde entwickelte er 1903 ein Verfahren zur Her-
stellung von künstlichem Salpeter und Düngesalz. Gemeinsam mit
dem schwedischen Bankier Marcus Wallenberg gründeten sie 1905
das Unternehmen Norsk Hydro. Die Einnahmen seiner wirtschaftli-
chen Aktivitäten erlaubten Birkeland vor allem die Finanzierung seiner
Magnetfeldforschung. Nebenbei wurde er zum Mitbegründer des heute
weltweit drittgrößten Aluminiumherstellers und, nach der Fusionierung
von dessen Kohlenwasserstoff-Sparte im Jahr 2007 mit Statoil zu Sta-
toilHydro, eines großen europäischen Erdöl- und Erdgasproduzenten.
 
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