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Tab. 5.7 Dimensionslose Kennzahlen der Magnetohydrodynamik sowie ihre in numerischen Modellen verwendete und im Erdkern als plausibel
betrachtete Größe (Christensen & Tilgner 2002 )
Kennzahl
Definition
Physikalische Bedeutung
Modelle
Erdkern
D =.2` 2 /
10 3 -
10 5
10 14 -
10 15
Ekman-Zahl a
Ek
Ek
Reibungskraft/Coriolis-Kraft
D
Ro
=
Re
B 2 =.¡/
Elsasser-Zahl
ƒ
ƒ D ¢
Lorentz-Kraft/Coriolis-Kraft
0;1
-
10
1
=.2`/
10 2
10 6 -
10
Rossby-Zahl Ro
Ro
D
u
Trägheitskraft/Coriolis-Kraft
10 2 -
10 3
10 13 (?)
Modifizierte
Rayleigh-Zahl Ra m
Ra m D
Gr
2
Ek
D
Auftriebskraft/(Reibungskraft × Coriolis-Kraft)
` 3 =./
'
g
T
Prandtl-Zahl Pr
Pr D =›
Impulsdiffusivität/thermische Diffusivität
0;1 - 1
0;1 - 1
10 6 -
10 5
Magnetische
Prandtl-Zahl Pr m
Pr m D
Impulsdiffusivität/magnetische Diffusivität
0;5
-
10
10 8 -
10 9
Reynolds-Zahl Re
Re
D
u
`=
Trägheitskraft/Reibungskraft
10
-
200
Magnetische
Reynolds-Zahl Re m
Re m D
u
`=˜
Trägheitskraft/magnetische Reibungskraft
30
-
500
10 2 -
10 3
a Von manchen Autoren wird die Ekman-Zahl auch als Ek
D =.` 2 /
definiert.
zu entdimensionalisieren. Die dabei auftretenden charak-
teristischen Zahlen (Prandtl-Zahl Pr, magnetische Prandtl-
Zahl Pr m , Ekman-Zahl Ek, Rossby-Zahl Ro, modifizierte
Rayleigh-Zahl Ra m / charakterisieren das physikalische Sys-
tem als Quotienten unterschiedlicher Kräfte bzw. Prozesse.
Ebenfalls wichtig sind die bereits früher erwähnten Kenn-
zahlen magnetische Reynolds-Zahl Re m , Elsasser-Zahl ƒ
und Reynolds-Zahl Re (Kasten 1.2 ) . Die Tab. 5.7 fasst die
für den Geodynamo relevanten magnetohydrodynamischen
Kennzahlen und ihre physikalische Bedeutung zusammen.
Hierbei ist ` eine charakteristische Länge (z. B. die Mäch-
tigkeit des äußeren Kerns), die Erdumdrehungsrate, ¢
die elektrische Leitfähigkeit, B die Magnetfeldstärke, ¡ die
Dichte, und ˜ die kinematische bzw. magnetische Visko-
sität, u die Strömungsgeschwindigkeit und Gr die Grashof-
Zahl (Kasten 1.2 ) .
Die Abb. 5.11 und 5.12 zeigen Ergebnisse einer solchen
gekoppelten magnetohydrodynamischen Simulation. Abbil-
dung 5.11 gibt einen Eindruck von der komplizierten Struk-
tur des Strömungsfelds, welches sich im äußeren Kern entwi-
ckelt, und von der im eigentlichen Wortsinn „verwickelten“
Struktur des zugehörigen Magnetfelds: Starke zonale Strö-
mungen (ostwärts nahe dem inneren Kern und westwärts na-
he dem Mantel) auf einem imaginären „Tangentenzylinder“
werden verursacht durch die starke Rotation, kleine Viskosi-
tät und die Existenz des festen inneren Kerns innerhalb der
Kugelschale des flüssigen äußeren Kerns. In den Teilbildern
von Abb. 5.12 ist die erfolgreiche Simulation eines Pola-
ritätswechsels des simulierten Erdmagnetfelds dargestellt,
welcher nach einer längeren Periode der Stabilität in nur
500 (simulierten) Jahren stattfindet. An der Kern-Mantel-
Grenze geht die komplexe Feldstruktur im flüssigen Kern,
wo das Feld erzeugt wird, in das glatte Potenzialfeld außer-
halb des Kerns über. Das Magnetfeld windet sich um einen
„Tangentenzylinder“ aufgrund der Scherungen, die durch die
zonalen Fluidströmungen bewirkt werden. Mit solchen auf-
wändigen Simulationen wurde der Nachweis erbracht, dass
ein Geodynamo-Prozess prinzipiell die aus der Paläomagne-
tik bekannten Polaritätswechsel des Magnetfelds erzeugen
kann (siehe Abschn. 5.6 ) . Diese Berechnungen legen über-
dies nahe, dass das Vorauseilen des inneren Kerns durch
eine magnetische Kopplung zwischen innerem Kern und ei-
ner ostwärts gerichteten thermischen Strömungskomponente
im flüssigen äußeren Kern bewirkt wird. Dieser, einem Syn-
chronmotor analoge Prozess ist offenbar von grundlegender
Bedeutung für die Entstehung des Erdmagnetfelds. Das Ma-
gnetfeld in diesen Simulationen durchdringt sowohl diese
Strömung als auch den inneren Kern und zieht den inneren
Kern in Richtung dieser Strömung mit. Diesem magneti-
schen Drehmoment entgegengerichtet wirkt ein gravitatives
Drehmoment zwischen dem Mantel und der Topografie der
Oberfläche des festen inneren Erdkerns (Glatzmaier 2007 ) .
Einschränkend muss zu diesen und weiteren beeindru-
ckenden Modellrechnungen allerdings bemerkt werden, dass
eine um viele Größenordnungen größere Viskosität für flüs-
siges Eisen angenommen werden musste, als sich aus ande-
ren Überlegungen ergeben würde. Dies war erforderlich, um
turbulente Strömungen zu vermeiden, die numerisch nicht
zu bewältigen gewesen wären. Insbesondere die für den Erd-
kern für wahrscheinlich gehaltenen Werte der Ekman-Zahl
und magnetischen Prandtl-Zahl werden mit Ek D 10 7
statt Ek 10 15 und Pr m D 1 statt Pr m 10 6 in den
derzeit realisierbaren Simulationen um viele Größenordnun-
gen überschritten. Nur so kann das Entstehen kleinräumiger
Wirbel im Strömungsfeld unterdrückt werden, die derzeit
auch auf den leistungsfähigsten verfügbaren Super-Rech-
nern nicht aufgelöst werden können (z. B. Kageyama et al.
2008 , Christensen 2008 ) . Diese Einschränkung zu überwin-
den war dann auch eines der Teilziele der Laborversuche mit
flüssigem Natrium. Berühmt wurden vor allem die Versuche
 
 
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