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Strömung aus. Dies zeigt, ob eine durch erzwungene Kon-
vektion 3 hervorgerufene Strömung durch antreibende oder
verzögernde Kräfte dominiert ist und somit laminar oder
turbulent verläuft. Die Reynolds-Zahl ist somit wichtig zur
Charakterisierung geophysikalischer Strömungen im Mantel
und äußeren Kern der Erde sowie in der Atmosphäre und
Magnetosphäre.
Dagegen beschreibt die Grashof-Zahl die freie Konvek-
tion 4 bei Strömungen zäher Fluide. Sie ist das Verhältnis der
durch eine thermisch oder stofflich bedingte Dichtedifferenz
¡ in einem Volumen hervorgerufenen Auftriebskraft zur
Reibungskraft. Sie wird in der Geophysik zur Charakterisie-
rung freier Konvektionsströmungen genutzt.
Die Péclet-Zahl und die Nusselt-Zahl charakterisieren
beide das Verhältnis zwischen durch Strömung angetrie-
bener Wärmeadvektion und molekularer Wärmediffusion.
Sie werden in der Geophysik zur Charakterisierung des
Wärmetransports im konvektierenden Erdmantel sowie in
fluidgesättigten Reservoirgesteinen genutzt. Die Péclet-Zahl
kann als thermisches Äquivalent der Reynolds-Zahl auf-
gefasst werden. Die Prandtl-Zahl ist das Verhältnis der
diffusiven Impuls- und Wärmeströme und damit in einem zä-
hen Fluid das Verhältnis aus der in der Strömung erzeugten
Reibungswärme zur abgeleiteten Wärme. Sie kennzeichnet
die thermische Ähnlichkeit von Strömungen (bei idealen Ga-
sen ist sie zudem unabhängig von Druck und Temperatur).
Im Gegensatz zu den anderen dimensionslosen Zahlen hängt
sie aber weder von der Größe des physikalischen Systems ab
noch von seinen Randbedingungen und ist daher eine Mate-
rialeigenschaft.
Die Rayleigh-Zahl ist das Produkt der Verhältnisse des
durch eine thermisch oder stofflich bedingte Dichtediffe-
renz ¡ in einem Volumen hervorgerufenen Auftriebs zum
Strömungswiderstand durch viskose Reibung sowie der dif-
fusiven Impuls- und Wärmeströme. Sie wird in der Geo-
physik ähnlich der Grashof-Zahl zur Charakterisierung der
schleichenden bzw. turbulenten Strömungen im Mantel bzw.
äußeren Kern der Erde genutzt.
Die Vorgehensweise für die Ableitung und Überprüfung
eines physikalischen Zusammenhangs beginnt zunächst mit
der phänomenologischen Beschreibung einer Naturerschei-
nung. Die Beobachtung bzw. Messung in einem Experiment
führt zu einer Hypothese über die Ursachen des beobach-
teten Phänomens. Seine quantitative Beschreibung ergibt
eine Formel. Eine Verifizierung dieser Formel erfolgt durch
Vergleich mit synthetischen Daten aus einfachen Modellen,
für welche geschlossene Lösungen existieren. Danach wird
das verifizierte physikalische Modell mit experimentellen
Strukturen und
Prozesse in der
Erdkruste
Eingangs-
signal
Seismische /
EM- Welle;
Differenz der
Dichte /
Magnetisie-
rung; etc.)
Physikalische
Eigenschaften;
Nichtlinearitäten
Mess-
Signal
Störsignale
Umkehr-
problem
Umkehr-
problem
Ausgang
(“output“ )
Eingang
(“input“)
Filter
Vorwärts-
problem
Vorwärts-
problem
Abb. 1.7 Verhältnis von Eingangs- zu Messsignal (oben) und Interpre-
tationsweg im Vorwärts- bzw. Umkehrproblem (Inversion)
1000 °C erreicht, was Tiefen von 200 km-400 km entspricht.
Auf diese Weise kann auf den Phasenzustand (fest, flüs-
sig) oder die Transformation von Mineralphasen geschlossen
werden, wie etwa den Übergang von Olivin zu Spinell im
oberen bis mittleren Erdmantel.
1.3 Zum Gebrauch von Formeln
Physik, auch Geophysik, wird mit mathematischen Formeln
ausgedrückt. Dabei werden physikalische Zusammenhänge
meist aus grundlegenden Erhaltungssätzen für Energie, Im-
puls, Drehimpuls, Ladung, Masse etc. abgeleitet. Oft wird
zusätzlich entdimensionalisiert, um die Ergebnisse übertrag-
bar und von den konkreten Parameterwerten unabhängig zu
machen. Aus dieser Dimensionsanalyse ergeben sich charak-
teristische dimensionslose Zahlen, mit denen das Verhalten
eines physikalischen Systems in sehr komprimierter Form
charakterisiert werden kann. Meist werden diese dimensi-
onslosen Zahlen durch einen Quotienten aus den Energien
oder Kräften zweier konkurrierender Prozesse ausgedrückt
oder durch den Vergleich der jeweils charakteristischen Län-
gen oder Zeiten. Auf diese Weise wird unmittelbar erkenn-
bar, welcher der beiden Prozesse dominiert (siehe Kas-
ten 1.2 ) .
So drückt beispielsweise die Reynolds-Zahl das Ver-
hältnis zwischen Trägheitskraft und Reibungskraft in einer
3 Erzwungene Konvektion: Durch Druckgradienten angetriebene Strö-
mung.
4 Freie Konvektion: Durch Auftrieb angetriebene Strömung. Auftrieb
entsteht durch Dichteunterschiede, verursacht durch Unterschiede in
Temperatur oder stofflicher Zusammensetzung.
 
 
 
 
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