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J Abb. 1.3 Seismologische Stationen und Stationsnetze in Deutsch-
land: Gräfenberg-Array der BGR; Deutsches Regionalnetz der
BGR sowie der deutschen Universitäten; Netze geologischer Dienste
( Baden-Württemberg; Rheinland-Pfalz; Nordrhein-Westfalen);
Netze der Universitäten ( Frankfurt;
wie Geomagnetische Observatorien Wingst (WNG), Niemegk (NGK)
und Fürstenfeldbruck (FUR) und deutsche magnetische Säkularpunkte
( ) (Bildquelle: © Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
(BGR), Hannover)
Jena; Köln; Bochum) so-
Veränderung der Eingangsdaten vermittels verschiedener,
zunächst nicht weiter beschriebene Prozesse. Das Ender-
gebnis aller Veränderungen der Eingangsdaten wird vom
Filter schließlich ausgegeben. Diese Ausgangsdaten sind die
geophysikalischen Messdaten. Durch die Inversion der Aus-
gangsdaten wird nun, wie der Begriff bereits nahelegt, diese
durch die Erde bewirkte Filterung rückgängig gemacht. Dies
ermöglicht die Ermittlung entweder der Eigenschaften des
Datenfilters Erde (beispielsweise die wirksamen Prozesse
und die für diese relevanten physikalischen Eigenschaften)
oder der ursprünglichen Eingangsdaten, je nachdem, ob zu-
sätzlich die Eingangsdaten oder die Eigenschaften des Filters
Erde bekannt sind.
Eine wichtige Annahme hierbei ist, dass die Erde Ein-
gangs- und Ausgangsdaten in linearer Weise miteinander
verknüpft, sodass der gesamte Prozess durch eine oder meh-
rere lineare Gleichungen beschrieben werden kann. Ein sol-
ches lineares Gleichungssystem y D A x beschreibt, wie
der Vektor der Eingangsdaten x (input) über das Filter A
(die Erde) mit dem Vektor der Ausgangsdaten y ( output :
unsere Messdaten) verknüpft ist (Abb. 1.7 ) . Dies wird als
Vo rwä r t s problem bezeichnet. Ein solches ist beispielswei-
se die Lösung einer Differenzialgleichung unter Vorgabe
von Rand- und ggf. Anfangsbedingungen in einem Gebiet,
dessen physikalische Eigenschaften bekannt sind. Eine sol-
che Lösung ergibt typischerweise die örtliche und ggf. auch
zeitliche Variation skalarer oder vektorieller Felder in der
Erde, etwa das Temperatur- oder Magnetfeld. Die Lösung
des Vorwärtsproblems liefert somit theoretische Messdaten
für vorgegebene Modelldaten einer Modellerde. Dies gelingt
in der Regel fast immer. Die Lösung des Umkehr problems,
der oben beschriebenen Inversion, besteht dagegen darin, aus
gemessenen (und aufbereiteten) Daten rück zuschließen auf
entweder die physikalischen Eigenschaften sowie Strukturen
in der Erde (unter Kenntnis bzw. Annahme des Eingangssi-
gnals) oder das Eingangssignal (unter Kenntnis bzw. Annah-
me der physikalischen Eigenschaften sowie der Strukturen
in der Erde).
Mathematisch gesehen ist die Inversion geophysikali-
scher Daten ein „inkorrekt gestelltes“ (ill-posed) Problem,
da sie in der Regel unter Mehrdeutigkeit leidet: Unterschied-
liche Quellverteilungen verursachen im Rahmen der Mess-
genauigkeit identische Felder. Diese Mehrdeutigkeit kann
durch Zusatzinformation in gewissem Umfang verringert
werden. Der Inversion liegt die physikalische Feldtheorie
für bestimmte Klassen mathematischer Lösungen zugrunde,
die sich für bestimmte Symmetrien oder geometrische An-
ordnungen ergeben (Kugel- bzw. Zylindersymmetrie, ebene
Schichten). Die Wahl der richtigen Symmetrie ist hierbei
entscheidend: Beispielsweise wird ein Basaltschlot besser
angenähert durch einen unendlichen, vertikalen Zylinder als
durch eine Kugel. Die Inversion von Strukturen und physika-
lischen Eigenschaften in der Erde wird deutlich verbessert,
wenn bei aktiven Messmethoden die eingespeisten bzw. auf-
geprägten Anregungssignale bekannt sind. Beispiele hierfür
sind in der Seismik die Anregung mechanischer Vibrationen
bekannter Frequenz, in der Geoelektrik die Einspeisung von
elektrischem Strom oder in der Elektromagnetik bzw. beim
Bodenradar die Einkopplung elektromagnetischer Wechsel-
felder.
Direkte Inversionsverfahren liefern für Modelltypen vor-
gegebener Struktur die strukturellen und physikalischen Ei-
genschaften (z. B. Schichtdicken, spezifische elektrische Wi-
derstände). Als indirekte Inversion wird eine iterative Lö-
sung des Vorwärtsproblems bezeichnet, bei der in einem em-
pirischen oder automatisierten Verfahren schrittweise (ite-
rativ) die strukturellen und physikalischen Eigenschaften
(einschließlich der geometrischen) so lange variiert werden,
bis die theoretische Lösung innerhalb der gewählten Genau-
igkeit mit den Messwerten übereinstimmt. Hierbei stellt sich
das Problem von Stabilität und Eindeutigkeit der Lösung:
Denn eine im Rahmen der geforderten Genauigkeit erzielte
Lösung ist aufgrund der Mehrdeutigkeit nicht notwendiger-
weise die einzig mögliche bzw. die am besten zutreffende.
Es bleibt somit festzuhalten:
- Lösungen für vorgegebene Quellverteilungen geophysi-
kalischer Felder sind in der Regel mehrdeutig; das Ein-
bringen von Zusatzinformation (geologische Strukturen,
Gesteinsbestand, andere geophysikalische Felddaten) er-
leichtert die Auswahl realistischer Lösungen;
- Die Inversion von Feldmessungen ermöglicht nur Aus-
sagen im Rahmen des vorgegebenen Typs des physikali-
schen Modells und ist daher nur eine mehr oder minder
realistische Annäherung an die tatsächliche Struktur bzw.
Verteilung der untersuchten Größen.
4. Interpretation Ein Vergleich der aus den Messungen in-
vertierten physikalischen Eigenschaften mit den Ergebnissen
von Messungen in Hochdrucklabors ermöglicht Rückschlüs-
se auf die stoffliche Beschaffenheit und den physikalischen
Zustand sowie die wirksamen Prozesse. In den Labors wer-
den Drücke bis 10GPa (100 kbar) und Temperaturen bis
 
 
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