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leren Breiten (F) ist eine Tide höher als die andere, und in
hohen Breiten (ab G) gibt es nur eine Tide pro Tag.
Neben dem Mond verursacht vor allem noch die Son-
ne ähnliche große Gezeiten. Die Sonnengezeiten können
in gleicher Weise wie die Mondgezeiten abgeleitet werden,
indem wieder das Prinzip des Umlaufs ohne Umdrehung an-
gewendet wird. Da die Masse der Sonne 333 340 Mal größer
als die der Erde ist, liegt der gemeinsame Schwerpunkt nur
etwa 450 km vom Sonnenmittelpunkt entfernt. Die Umlauf-
zeit beträgt ein Jahr. Wie im Fall der Mondgezeiten führt
die Ungleichheit zwischen der Schwerebeschleunigung der
Sonne und der Zentrifugalbeschleunigung aufgrund des ge-
meinsamen Umlaufs zu einer Gezeitendeformation in Form
eines prolaten Ellipsoids. Obwohl die Sonnenmasse sehr
viel größer ist als die des Mondes, erreicht der Betrag der
Sonnengezeiten dennoch nur etwa 46% der Mondgezeiten.
Doch wegen der Abhängigkeit vom Kehrwert der dritten Po-
tenz des Abstands der beiden Massezentren wird der Einfluss
der größeren Sonnenmasse durch den des sehr viel kleineren
Abstands des Mondes mehr als kompensiert.
Die Überlagerung der Sonnen- und Mondgezeiten be-
wirkt eine Modulation der Tidenhübe (tidal amplitudes) ;die
kleine Neigung von 5,2% der Mondumlaufbahn gegenüber
der Ekliptik, der Erdumlaufbahn um die Sonne, ist hier-
bei von untergeordneter Bedeutung. Während eines Monats
dreht sich das durch die Mondgezeiten hervorgerufene Ellip-
soid einmal um 360°. Dabei verändert es ständig seine Lage
relativ zu dem von den Sonnengezeiten erzeugten Ellipsoid.
In Abb. 4.13 sind die vier charakteristischen Lagen darge-
stellt, die als Spring- bzw. Nipptiden ( spring tides bzw. neap
tides ) bezeichnet werden. Diese ergeben sich jeweils für jene
Lagen, in denen die Hauptachsen des Ellipsoids parallel oder
senkrecht zueinander stehen: Springtide bei Neumond und
Vollmond, Nipptide bei zu- und abnehmendem Halbmond
( waxing bzw. waning half moon ).
Die Gezeitenkräfte sind hinreichend stark, um Schwe-
remessungen zu beeinflussen: Der maximale gemeinsame
Effekt von Mond- und Sonnengezeiten beträgt 3 ms 2 .
Hierzu tragen Mond und Sonne jeweils etwa zu 2/3 bzw.
1/3 bei. Dies wird ohne Schwierigkeiten mit modernen Gra-
vimetern mit ihrer Auflösung von 0,05 ms 2 registriert.
Dieser mit dem Ort, dem Tag und der Uhrzeit variable
Gezeiteneffekt muss daher aus den Schweremessungen ent-
fernt werden. Die Gezeitentheorie stellt hierfür tabellierte
Werte oder Berechnungsformeln zur Verfügung, mit denen
der zugehörige Schwereeffekt für jeden Ort und jede Zeit
angegeben werden kann. Entsprechende Daten und Rechen-
programme sind z. B. vom International Center for Earth
Tides 35 (ICET) erhältlich.
Abb. 4.12 Oben : Verhältnis von Zentrifugal-, Schwere- und resul-
tierender Gezeitenbeschleunigung an ausgewählten Punkten auf der
Erde; Unten : Breitenabhängigkeit beim Ausbilden von einem oder zwei
Flutbergen aufgrund der Neigung der Achse der Erdumdrehung zur
Umlaufbahn des Mondes um die Erde (nach © Lowrie 2007 )
oben). Somit ergibt sich eine Gezeitendeformation in Form
eines prolaten Ellipsoids in Richtung der Verbindungslinie
der Mittelpunkte von Erde und Mond.
Die täglichen Gezeiten entstehen durch Überlagerung
dieser Deformation mit der Erdumdrehung. Im Laufe eines
Tages passiert ein Punkt auf dem Erdumfang die Positionen
A, B, D und D 0 in (Abb. 4.12 , oben), wodurch ein Beobach-
ter zwei vollständige Gezeitenzyklen registrieren würde. Die
Höhe der Tidenhübe hängt jedoch von der Breite ab wegen
der Neigung der Drehachse der Erde zur Umlaufebene von
Erde und Mond (Abb. 4.12 , unten): Am Äquator (E) sind die
halbtägigen Tidenhübe (semi-diurnal tides) gleich; in mitt-
35 http://www.upf.pf/ICET/home.html .
 
 
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