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den Deutschen Franz-Ludwig Deubner 26 ( 1975 ) zurwich-
tigsten Erkundungsmethode für den Aufbau der Sonne und
anderer Sterne (für eine Übersicht vgl. z. B. Harvey 1995 ;
Christensen-Dalsgaard 2002 ) .
Das Verständnis des Sonneninneren basierte bis zur Ent-
deckung der solaren Eigenschwingungen auf physikalischen
Modellen für die Kräfte- und Energiegleichgewichte, den
Zustand der Materie bei unterschiedlichen Druck- und Tem-
peraturbedingungen und den zugehörigen Gleichungen so-
wie deren Anfangs- und Randbedingungen. Hierbei gehen
viele Annahmen und Näherungen ein, und ein sogenann-
tes Standardmodell gibt den allgemeinen Konsens zu einem
bestimmten Zeitpunkt wieder. Die entsprechenden Modell-
gleichungen müssen in der Regel numerisch gelöst werden.
Sie geben Aufschluss über die chemische Zusammenset-
zung, Dichte, Druck und Temperatur in unterschiedlichen
Tiefen in der Sonne sowie über die Leuchtkraft der solaren
Photosphäre. Neben einer Reihe anderer Vereinfachungen
und Näherungen vernachlässigt das Standardmodell die 25-
tägige Sonnenumdrehung sowie die komplexen Muster ihres
Magnetfelds. In den auf die Entdeckung der solaren Eigen-
schwingungen folgenden Jahren wurde das Standardmodell
durch die Erkenntnisse, welche mit Hilfe der Helioseismo-
logie gewonnen wurden, ständig verfeinert und zur Bestäti-
gung bzw. zum Verwerfen verschiedene Theorien herange-
zogen.
Das derzeitige Standardmodell (vgl. z. B. Christensen-
Dalsgaard 2002 ) der Sonne ist eine Kugel vom Radius
R S D 695 990.26/ km (Brown & Christensen-Dalsgaard
1998 ) , der damit etwa das 109-Fache des Erdradius be-
trägt. Sie besteht aus etwa 70% Wasserstoff, 28% Heli-
um und 2% schwereren Elementen. Sie befindet sich im
Gleichgewicht zwischen Schwerekontraktion und thermi-
scher Ausdehnung, angetrieben durch die Reaktionswärme
der thermonuklearen Reaktionen in ihrem Kern. Im Son-
nenzentrum herrschen Temperaturen von 15,8MK, und die
Dichte beträgt 156 000 kgm 3 . Das ist etwa das 60-Fache
der Dichte terrestrischer Krustengesteine. Ihr Kern mit ei-
nem Radius von .0;25 R S / enthält ungefähr die Hälfte ihrer
Masse, und dort wird auch 98% ihrer Energie erzeugt. Über
dem Kern befindet sich die sogenannte Strahlungszone, in
welcher Strahlung den Energietransport dominiert. Aus dem
Kern emittierte Photonen pflanzen sich dort durch stabile
Gasschichten fort. Sie werden hier jedoch von den dichten
Gaspartikeln so oft gestreut, dass ein einzelnes Photon bis
zu einer Million Jahre für die Durchquerung dieser Zone be-
nötigen kann. Darauf folgt ab einem Radius von .0;713 R S /
die Konvektionszone. Dort ist die Temperatur unter 2MK
gesunken und stark ionisierte Atome beginnen Elektronen
einzufangen, wodurch die Opazität stark ansteigt. Dadurch
wird die Effektivität von Strahlung stark herabsetzt und der
Energietransport erfolgt vorwiegend über Konvektionsströ-
mungen. Die Konvektionszone ist nahezu adiabatisch, mit
Ausnahme einer Schicht unmittelbar unterhalb der sichtba-
ren Sonnenoberfläche, in der Dichte und Temperatur stark
absinken. An der Sonnenoberfläche herrschen Temperaturen
von etwa 5800K (Abb. 3.61 ) . Die Leuchtkraft der Sonne,
gemittelt über die Variation von etwa 0,1% innerhalb eines
Sonnenzyklus, beträgt L S D 384;6 TW. Das Alter der Sonne,
bestimmt aus jenem von Meteoriten in Verbindung mit Mo-
dellrechnungen zur Bildung des Sonnensystems, wird mit
t S D 4;566.5/ Milliarden Jahren angegeben.
In der Helioseismologie unterscheidet man drei Arten von
Wellen: Akustische Wellen sowie Schwerewellen, ähnlich
den Tiefwasser-Schwerewellen im Ozean, sind Raumwel-
len, deren Rückstellkraft durch den Druck bzw. den durch
Dichteunterschiede entstehenden Auftrieb gegeben ist. Im
Gegensatz dazu ähneln die Oberflächen-Schwerewellen der
Sonne den Wellen an der Wasseroberfläche der Erde. Die-
se drei Wellenarten bilden im Hohlraumresonanzkörper der
Sonne Interferenzmuster stehender Wellen, die als p-, g-
und f-Moden bezeichnet werden. Wegen der langen Lebens-
dauer der angeregten Wellen werden dabei alle Frequenzen
bis auf die Resonanzfrequenzen durch destruktive Interfe-
renz unterdrückt. Abbildung 3.62 zeigt eine Darstellung der
verschiedenen Moden in Abhängigkeit von der Frequenz
sowie vom harmonischen Grad ` und der Obertonzahl n,
der Anzahl von Knotenflächen in radialer Richtung. Dabei
entsprechen die gekrümmten Linien unterschiedlichen Ober-
tonzahlen n. So entspricht beispielsweise die Obertonzahl
n D 0 der f-Mode, positive Werte den p- und negative den
g-Moden. Damit stehen die Kurven nahe dem linken unteren
Eck des Diagramms vorwiegend mit den Verhältnissen im
Sonnenkern in Verbindung, während die Kurven bei höhe-
rem Grad sowie größerer Obertonzahl und höherer Frequenz
mehr über die Verhältnisse nahe der Sonnenoberfläche aus-
sagen. Moden mit kleinem ` und großem n dagegen dringen
tiefer in die Sonne ein. Akustische Moden mit ähnlichen
Wer t en von n ¨
m
`
( 3.134 ) pflanzen sich bis in ähnliche Tie-
fenbereiche der Sonne fort. Moden, deren Grad größer als
etwa 150 ist, werden zunehmend so stark gedämpft, bis sie
schließlich nicht mehr aufgelöst werden können.
Theoretisch sind einige 10 Millionen p- und f-Moden
möglich. Sicher identifiziert wurden jedoch bislang sehr viel
weniger: hauptsächlich p-Moden, weniger f-Moden, aber
bislang noch keine g-Moden. Letztere sind in der Strahlungs-
zone gefangen und klingen in der Konvektionszone exponen-
tiell ab (siehe Abb. 3.61 ) . Wegen ihrer großen Eindringtiefe
wären sie jedoch besonders nützlich für die Entschlüsselung
26 Franz-Ludwig Deubner (* 1934) studierte an der Technischen Uni-
versität Berlin und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo er
1969 auch promoviert wurde. Von 1959-1979 war er Mitarbeiter am
Fraunhofer-Institut fur Sonnenphysik in Freiburg, wo er 1975 die
5-Minuten-Oszillationen der Sonne entdeckte und damit die Helioseis-
mologie begründete. Von 1979-2001 leitete er den Lehrstuhl für fur
Astronomie und Astrophysik an der Universitat Würzburg.
 
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