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Abb. 3.60 Radiale Verteilung der Energiedichten für einige Moden
aus Tab. 3.14 und Abb. 3.58 ( blau, nach rechts : Scherungsenergiedich-
te; gelb, nach links : Kompressionsenergiedichte), aufgetragen gegen
den relativen Erdradius (r E : Erdradius). Die Eindringtiefe der reinen
Mantelmoden 0 S ` und 0 T ` nimmt mit ` ab, die anderen Moden dringen
tiefer in den Kern ein. Gestrichelte Linien markieren die Grenze zwi-
schen Mantel, äußerem und innerem Kern (Zürn & Widmer-Schnidrig
2002 )
verschieden sind. Hierbei berücksichtigt der Faktor ( n ¨ ` bm)
die Coriolis-Kraft, die bewirkt, dass sich das Knotenbild mit
der Geschwindigkeit ( n ¨ ` b) nach Westen verschiebt. Die
höchste Geschwindigkeit ergibt sich dabei für die Rugby-
Mode 0 S 2 , deren Knotenmeridiane in 2 1/2 Tagen einmal
die Erde umrunden (Abb. 3.58 b ). Die Frequenzverschie-
bung a und der quadratische Term in ( 3.134 ) sindvorwie-
gend durch den Äquatorwulst verursacht. Von der elasti-
schen Struktur des Erdinnern in radialer Richtung hängen
a, b, und c dagegen nur schwach ab; a und b variieren
jedoch mit der radialen Dichteverteilung. Die auf die Erdum-
drehung zurückzuführende Aufspaltung überwiegt bei tiefen
Frequenzen und nimmt mit = n ¨ ` ab, wobei die mitt-
lere Winkelgeschwindigkeit der Erdumdrehung ist. Daher
ist sie im Spektrum von Seismogrammen der Eigenschwin-
gungen nur bei wenigen niederfrequenten Moden erkenn-
bar. Weitere Symmetriebrechungen wie z. B. durch latera-
le Heterogenitäten führen zu einer Kopplung von Moden.
Dann gelten die Gleichungen ( 3.131 ) und ( 3.132 ) nur noch
näherungsweise. Man unterscheidet bei den Kopplungen
zwischen sphäroidalen und toroidalen Moden, solchen von
gleicher Obertonzahl n (aber unterschiedlichem Grad ` )
sowie beliebigen Kopplungen. Für jede Kopplung müssen
jeweils bestimmte Auswahlregeln durch die Quantenzahlen
Grad, Ordnung und Obertonzahl erfüllt sein. Die Stärke der
Kopplungen wird wiederum am stärksten durch die Vertei-
lung der Kompressions- und Scherwellengeschwindigkeiten
(bzw. Kompressions- und Schermodul) bestimmt, aber eben
auch durch die radiale Dichteverteilung in der Erde. Kommt
es durch laterale Heterogenitäten in der Struktur der Erde
zu einer weiteren Brechung der Axialsymmetrie, so wird die
Komplexität der Modenkopplung noch größer. Die weite-
re Beschreibung dieser Zusammenhänge sprengt jedoch den
Rahmen dieses Buches. Interessierte Leser werden daher auf
die Übersichtsartikel von Masters & Widmer ( 1995 ) sowie
Zürn &Widmer-Schnidrig ( 2002 ) und die darin zitierten Ar-
beiten verwiesen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass einige Infor-
mationen über das tiefe Erdinnere nur mit Hilfe der terrest-
rischen Spektroskopie zugänglich wurden. Dazu gehören:
(1) die Verteilung der Dichte, eine wichtige Information für
geodynamische Betrachtungen von Konvektion im Erdman-
tel und -kern (Gilbert & Dziewonski 1975 ; Dziewonski &
Anderson 1981 ; Masters & Gubbins 2003 ) ; (2) die radiale
Verteilung der anelastischen Dämpfung Q . r / von Scherwel-
len im Erdmantel (Masters & Gilbert 1983 ; Widmer et al.
1991 ) ; (3) Information über den Phasenzustand bzw. die
Festigkeit des inneren Kerns (Dziewonski & Gilbert 1971 ) ;
(4) die Ableitung eines ersten globalen dreidimensionalen
Geschwindigkeitsmodells für den oberen Mantel (Masters
et al. 1982 ) ; (5) der wichtige Befund von Laske & Masters
( 1999 ) , dass eine differenzielle Rotation des inneren Erd-
kerns gegenüber dem Mantel von maximal 0,2°-0,3° pro
Jahr mit den Daten der terrestrischen Spektroskopie im Ein-
klang steht. Ein wesentlich höherer Wert von 1° pro Jahr
war zuvor durch Song & Richards ( 1996 ) als Ergebnis einer
Analyse von mit einem Zeitversatz von 45 Jahren aufge-
zeichneten Raumwellen postuliert, in der Folge aber auf
0,3°-0,5° pro Jahr reduziert worden (Zhang et al. 2005 ) .
Damit überrundet der innere Erdkern etwa alle 1200 bis
720 Jahre die restliche Erde.
Eine weitere Entdeckung betrifft die Hintergrund-Eigen-
schwingungen der Erde (niederfrequentes Brummen, hum ),
die permanent angeregt werden (Suda et al. 1998 ) . Da-
bei handelt es sich um fundamentale Sphäroidalmoden im
Frequenzband 2 mHz-7mHz, vermutlich angeregt durch
Infra-Schwerewellen in den Ozeanen. Diese Hintergrund-
Eigenschwingungen werden durch ein turbulentes Medium
permanent angeregt (Fukao et al. 2010 ) und sind damit den
solaren Oszillationen nicht unähnlich.
 
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