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»Wir sind ein Team, verstehst du? Da muss man manchmal auch ein bisschen professio-
nell sein und den Ärger runterschlucken, vor allem, wenn ich genau denselben Scheiß
mitmache!«
Paul strampelt wütend neben mir her und senkt den Kopf wie ein angriffslustiger
Stier: »Verdammt, ich hab einfach die Schnauze voll von dem Ganzen. Fahren, essen,
schlafen, fahren, schwitzen, und immer die gleichen doofen Fragen. Und dann dieses
beschissene Warten vor jedem Supermarkt, wenn die Kinder alles am Fahrrad anfassen
müssen, lieb und interessiert tun und irgendwann nach Geld fragen. Die ständige Hitze,
die endlose staubige Straße, die Kamele und ihr beschissenes Gegröle und die ätzenden
Autofahrer, die uns ausbremsen für ein blödes Foto.«
Während Paul sich ausgekotzt hat, ist er so wütend in die Pedale gestiegen, dass ich
Mühe hatte, das Tempo zu halten, um zu verstehen, was er sagt. Nicht, dass es mir
fremd wäre, aber - wenn wir das hier durchziehen wollen, muss ich jetzt der Starke
sein. Zwei Schwache schaffen eine solche Tour nicht, und so wie wir uns mit dem
Windschattenfahren, dem Einkaufen, dem Feuermachen und Zeltaufbauen abwechseln,
so gibt es auch beim Schwach- und Starksein eine Aufteilung. Keine ausgesprochene na-
türlich, aber man merkt ganz schnell, dass es anders nicht funktioniert. Ich bitte Paul an-
zuhalten, zwinge ihn, einen Liter Wasser zu trinken, und rede beruhigend auf ihn ein.
Wie ein Trainer, der die Moral seiner Mannschaft aufrechterhalten muss. Ich weiß, ir-
gendwann muss Paul dasselbe für mich tun.
Abends lassen wir uns an einem Bewässerungskanal nieder. Wir haben mittlerweile den
Anspruch verloren, uns in klarem Wasser zu waschen, und nehmen jede Gelegenheit
wahr. So liegen wir in dem circa 50 Zentimeter breiten und 30 Zentimeter tiefen und
schlammigen Kanal hintereinander auf dem Bauch, kühlen uns ab und waschen
uns. Was soll's - bald sind wir sowieso wieder von einer dicken Staubschicht bedeckt,
die der Wind über die weite Ödnis fegt. Um nicht weiter vor uns hinzuschimpfen, legen
wir eine Bastelstunde ein. Inzwischen haben wir bereits so ziemlich alles an unserer Aus-
rüstung optimiert, haben uns ein Sonnensegel für die Mittagspausen gebaut, eine Was-
serkanisterhalterung, ein halb automatisches Bewässerungssystem für Tomaso (der tat-
sächlich immer noch lebt), aber irgendwas fehlt immer noch.
»Wie wäre es mit einer Waffe?«, schlägt Paul vor.
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