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konnte, wie man sich einen Lebenstraum erfüllt, indem man Tauchlehrer in der Karibik
wird. Ein gutes Jahr später haben wir uns getrennt.
Hansen weckt mich aus meinen Gedanken. »Was ist los, Paul?«
Ich verschränke die Arme vor meiner Brust. »Nix ist los. ich bin einfach so entspannt.
Seltsam wie entspannt.«
Während Litauen mehr oder weniger aussah wie Polen, beginnt sich in Lettland die
Landschaft langsam zu verändern. Die Architektur der Häuser wird nordischer: viel mehr
Holzbauten und kleinere Hütten und Siedlungen. Birken mischen sich wieder häufiger
unter die Nadelbäume, und sanfte, runde Hügel, bedeckt von immer noch braunen,
winterlichen Wiesen, gewähren uns gelegentlich einen weiten Blick über das Land. Die
Straßen werden weniger von großen Baumreihen gesäumt, sondern zunehmend von
fein verästeltem Gestrüpp, hinter dem es sich ganz gut zelten lässt. Hier hat der Frühling
schon langsam angefangen, und vereinzelt sieht man farbige Blumeninselchen auf den
Wiesen. Je weiter wir Richtung Russland kommen, desto sandiger wird der Boden wie-
der und desto häufiger passieren wir kleine, schilfgesäumte Seen und Moore.
Am Abend streift die Sonne über die Wipfel der hohen Kiefern und wirft ein rötliches
Licht mit langen Schatten durch den Wald auf unser Zelt. Wenn die Sonne morgens ge-
rade aufgeht und die noch feuchte Luft in Nebelschwaden über die Wipfel der Bäume
treibt, scheint es mir manchmal, als ob der Wald in Flammen stünde, als würde ein Feu-
er hoch oben an den Ästen der Kiefern lecken. Diese Momente sind leider unmöglich
mit der Kamera einzufangen und dauern nur wenige Minuten. Wenn Hansen und ich
mal wieder in den Genuss kommen, nicht von Regen geweckt zu werden, sondern mit
der Sonne aufzustehen, genießen wir diesen Anblick, halten inne und blinzeln durch das
Nadeldach dem Licht entgegen - in der einen Hand eine aufgeschnittene Cola-Dose mit
heißem Kaffee, in der anderen ein Brot mit gefrorener Nutella.
RUSSLAND / 28. APRIL / WOLOKOLAMSK
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