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schwer, aber der Wunsch anzukommen ist stärker. Die Massen an Fahrzeugen sind eine
echte Herausforderung in diesem Zustand.
»Wir müssen hier links fahren«, sagt Paul, und ich weiß, dass wir das letzte Mal auf
dieser Tour abbiegen.
Nur noch zwei Kilometer.
Alles geradeaus, wir können den Shanghai People Memorial Tower, unser vor Mona-
ten gestecktes Ziel am Huangpu River, schon sehen. Die Menschen um uns herum schei-
nen unsere Anspannung zu merken und fotografieren uns, als seien wir zwei rosa Ele-
fanten. Meine Hände sind schweißnass, ich klicke immer wieder den Auslöser der am
Vorderrad montierten Kamera, um jede dieser letzten paar Sekunden festzuhalten.
Noch ein Kilometer.
Wir hatten uns das Denkmal ausgesucht, da es die beste Aussicht auf die Skyline von
Shanghai bietet. Drei spitz zusammenlaufende Betonpfeiler, ein Denkmal für die chinesi-
schen Volkshelden. Zitternd steige ich vom Rad und trage es die Treppen zu dem Plateau
hoch.
Noch eine Stufe und noch eine. Nur noch 50 Meter, nur noch 30 … plötzlich ruft ei-
ne Stimme von links »Miu!« Ein uniformierter Mann stellt sich uns in den Weg. »Ihr
dürft da mit den Rädern nicht hoch«, gibt er uns zu verstehen. Auf der gesamten Prome-
nade seien Fahrräder verboten. Wir schauen ihn fassungslos an.
»Aber wir sind 13600 Kilometer gefahren, um hier anzukommen!«, sagt Paul, und
ich füge hinzu: »Durch die Wüste, durch den Himalaja …«
»Miu« , sagt der Mann erneut mit scharfer Stimme. »Not possible.«
Wir begreifen, dass er für uns keine Ausnahme machen wird. Das darf doch nicht
wahr sein! Ich muss gegen meine Tränen ankämpfen. Aber Paul rüttelt mich. »Wenn wir
eins gelernt haben auf dieser Tour, dann doch, dass es nicht immer nur den einen Weg
gibt. Wir lassen uns davon jetzt nicht die Ankunft verderben! Komm, Hansen!« Schwe-
ren Herzens drehen wir wenige Meter vor unserem Ziel um und tragen die Fahrräder die
Treppen herunter. Ich fahre langsam hinter Paul her, der auf die Waibaidu-Brücke zu-
steuert. Keiner kann uns von einer Brücke verjagen, und der Blick ist ebenso phänome-
nal.
Wir steigen ab, lehnen die Räder an das Geländer und schauen uns an, beide densel-
ben Gedanken im Kopf: Das war es? Haben wir es wirklich geschafft?
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