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Verfolgung aufnehmen sollte. Autos fuhren an uns vorbei, mal mit, mal ohne Licht. Ich
habe so viele beobachtet und ihre Motoren und Hupen gehört, dass ich sie mittlerweile
erkennen kann, ohne in meinen Rückspiegel zu sehen. Ein Bus näherte sich auf der
Überholspur von hinten, ein Lkw auf der Nebenspur, der wiederum von einem Motor-
roller überholt wurde - für uns kein Platz mehr auf der Straße. Also: scharf abbremsen,
Füße auf den Boden und so weit wie möglich am Rand der Straße zur Seite beugen,
während sich das Killerkommando von hinten näherte. Ich drehte meinen Kopf und sah
eine Reihe Frontlichter auf mich zurasen. Der eine knappe Meter zwischen mir und den
zwei Doppelreifen des völlig überladenen Trucks macht den Unterschied zwischen Le-
ben und Tod. Keine Reflektoren, kein Licht und kein Schreien und Tuten helfen in so ei-
ner Situation, man muss seinen Arsch selbst an einen sicheren Ort retten.
Nachdem wir völlig erschöpft und bibbernd in Chengdu ankommen, versöhnt uns das
Hostel mit allen Widrigkeiten des Tages. Ein wahres Paradies, in dem uns ein ebenerdi-
ger Raum zugeteilt wird, von dem aus wir einen wunderschönen Blick in einen kleinen,
wild bewachsenen Garten haben, durch den ein Bach fließt. Der Service des Hostels
könnte in keinem Fünf-Sterne-Hotel besser sein. Absoluter Luxus und das ziemlich uner-
wartet. Vielleicht hält Chengdu noch ein paar Überraschungen für uns bereit. Die nächs-
te Härteprobe steht morgen an: Visaverlängerung, die zweite.
Als wir am nächsten Morgen die Visastelle erreichen, weist uns, natürlich auf Chine-
sisch, ein Zettel darauf hin, wo sich das neue Büro befindet. Nach einigen Telefonaten
finden wir heraus, wie wir dort hinkommen, und stehen schließlich um zwölf Uhr mit-
tags davor, um wiederum versetzt zu werden: »Please come back at 13 Uhr, it's lunchbreak now« ,
gibt uns die Dame am Empfang zu verstehen. Behörden in China … mindestens so
schlimm wie in Berlin-Neukölln. Kaum betritt man eines dieser Gebäude, wird einem
vor jeden Schritt, den man macht, ein Stein in den Weg gelegt.
Als wir eine Stunde später wieder am Empfang stehen, bekommen wir die Formulare.
Da in den nächsten rund 14 Tagen unendlich viele Feiertage anstehen, sind wir zu einer
früheren Verlängerung gezwungen, durch die uns wertvolle Zeit verloren geht, die wir
bis zu unserem Rückflug brauchen. Wir versuchen, der Beamtin unsere Lage zu erklären.
Zunächst scheint sie zu verstehen und bittet uns, einfach den gewünschten Ablauftag des
Visums im Formular zu vermerken. Als wir aber mit den ausgefüllten Formularen vor
ihr stehen, wird alles kompliziert. »We can only give you 30 days, if you want to stay until November
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