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ENDSPURT
Chengdu bis Shanghai
UNFAIR / 30. SEPTEMBER / CHENGDU
Hansen
Wenn Stadt, dann gleich richtig, scheint das Prinzip in China zu sein. Aus dem Dschungel
mitten ins absolute Menschen-, Straßen-, Häuser- und Reklamegewimmel. Chengdu, die
Provinzhauptstadt von Sichuan, hat rund zehn Millionen Einwohner. Eine verdammte Rie-
senstadt! Einerseits bin ich beeindruckt von dem urbanen Ungetüm, andererseits restlos
überfordert. »Lost in Translation« fällt mir da nur ein. Es ist eine Sache, irgendwo in den
Bergen ein Schild entziffern zu müssen, aber hier … absoluter Wahnsinn!
Die Fahrt nach Chengdu war lang und beschwerlich. Wie so oft, wenn wir einen gewis-
sen Punkt vor Augen hatten, fuhren wir einfach durch, bis wir ihn erreichten, diesmal
waren das 235 Kilometer an einem unendlich langen Tag, der sich bis tief in die Nacht
hineinzog. Neben der immensen körperlichen Anstrengung machten mir meine Gedan-
ken zu schaffen - so sehr ich es auch versuchte, konnte ich keine wirkliche Vorfreude
mehr empfinden. Eine große Stadt von vielen, die da noch kommen werden, was soll dar-
an besonders sein? Wie kann ich eine Tour fahren, bei der der einzige mich motivierende
Gedanke ihr Ende ist? Was ist passiert? Immer wieder schaute ich auf mein Tachometer
und immer noch waren es mehr als 100 Kilometer bis Chengdu. Ständig hielten wir an,
um Wasser zu kaufen, und immer gab es nur die kleinen Fläschchen, die wir in einem
halben Schluck leeren.
Ich beobachtete meinen Schatten, den die Straßenlaternen auf die Straße warfen. Erst
kam er von hinten angekrochen, stand dann für einen kurzen Moment in Lebensgröße
neben mir, nur um mich alsbald zu überholen, als ob er sagten wollte: »Komm schon, du
Faulenzer, streng dich ein bisschen an, das geht auch schneller!«, woraufhin er im Licht
der nächsten Laterne verschwand, die einen neuen Schatten hinter mich warf, der meine
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