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in den Graben. Er springt ab, bevor sich das Motorrad im Graben überschlägt, und
kommt mit ein paar Kratzern davon. »Wir müssen heute vorsichtig fahren«, mahnt Han-
sen, »irgendwas liegt in der Luft, so viele Unfälle an einem Tag, das hat was zu bedeu-
ten!« Kaum hat er das ausgesprochen, öffnen die über die Bergflanke von hinten heran-
gezogenen Wolken ihre Schleusen. »Schnell, lass uns versuchen, darunter hinwegzufah-
ren«, rufe ich und zeige auf den Fetzen blauen Himmels, der Trockenheit verspricht.
Während Hansen schon losfährt, packe ich meine Taschen sicherheitshalber noch was-
serdicht ein. Als auch ich endlich loskomme, sind die Straßen bereits nass und Hansen
ein paar Kurven weiter. Ich hetze hinter ihm her, und dann sehe ich ihn auf der Straße
stehen, circa 500 Meter vor mir, wild gestikulierend und pfeifend. Ich verstehe seine
Gesten nicht und fahre etwas schneller, weil ich vermute, dass er etwas braucht, das ich
habe. Als ich näher komme, wird deutlich, was er will: »Langsam, fahr langsam«,
schreit er und winkt mit beiden Armen wie ein Lotse. »Es ist schweineglatt, glatt !« Ich
teste vorsichtig meine Hinterradbremse und habe sie kaum angetippt, als auch schon
mein Fahrrad bei knapp 30 Stundenkilometer ausbricht. Sofort lasse ich die Bremse los,
und das Rad kehrt wieder in Spur zurück. Zwar verhindere ich so einen Sturz, kann aber
an dem ziemlich steilen Hang nicht bremsen. Ein Schockmoment. Verdammt. Dann ma-
che ich das einzig Mögliche. Ich ziehe den linken Fuß aus dem Pedalkörbchen, lasse ihn
über die eisglatte Fahrbahn rutschen und bremse erneut. Sofort bricht das Rad erneut
aus, aber mit dem Fuß halte ich es aufrecht. Ich drehe mich langsam immer weiter bis
ich nach einer fast 180 Grad Drehung zum Stehen komme und beinahe ausrutsche, als
ich absteige.
»Mir ging's genauso«, sagt Hansen erleichtert, der meine Aktion verfolgt hat. »Oh
Mann, war das knapp.«
»Irgendwas liegt in der Luft«, wiederhole ich Hansens Worte. »Wohl eher auf der
Straße … Eis kann man erwarten, wenn es kalt ist, aber das hier habe ich so noch nie er-
lebt!«, sagt er immer noch baff. Auch mir war das komplett neu. Die aus Beton gegosse-
ne Straße ist zwar mit gekerbten Rillen versehen, aber trotzdem so rutschig, dass man
kaum darauf stehen kann. Der Grund ist eine dünne Schicht von etwas Moosartigem, die
beinahe unsichtbar ist. In trockenem Zustand kein Problem, aber wenn es regnet, ver-
wandelt sich die Straße in eine Rutschbahn erster Klasse. Die herbeigesehnte lange Ab-
fahrt wird zur Qual, und wir rollen im Schritttempo und mit einem Fuß auf der Straße
die 20 Kilometer bis ins Tal, wo es endlich trocken wird. Mehrfach fahren wir an fri-
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