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wird nicht nach einem Einkauf umdrehen oder links zum Bellman abbiegen und etwas
später dieselbe Straße wieder nach Hause zurückfahren. Nein, diesmal wird es sechs Mo-
nate dauern, bis ich das Rad im Innenhof abschließe und die Treppen hoch in den drit-
ten Stock laufe. Vielleicht auch kürzer, vielleicht auch länger - oder wer weiß, vielleicht
kommen wir ja auch gar nicht zurück.
Meine Gedanken schweifen ab. Tropfen prasseln auf die Zeltplane. Es dauert keine
fünf Minuten, bis ich eingeschlafen bin. Als ich aufwache, regnet es immer noch.
DER ERSTE TAG / 7. APRIL / BRANDENBURG
PAUL
»Hansen, aufwachen!« Ich schüttele meinen Bruder, der diesen ersten richtigen Tourtag
für meinen Geschmack ein bisschen zu schläfrig beginnt. Klar, es regnet, und der Kopf
ist verkatert, aber hallo! Es geht los!
»Lass mich, du nervst.« Hansen guckt verärgert, aber ich sehe sofort, dass es nur ge-
spielt ist. Kein anderer würde das erkennen, aber irgendein Ausdruck in unseren Gesich-
tern macht es uns unmöglich, einander anzuflunkern. Im nächsten Moment muss er
grinsen und schält sich voller Elan aus dem Schlafsack. »Wo bleibt mein Kaffee, Butler?«
»Ja, Sir, das habe ich mir auch gerade überlegt, wie machen wir es eigentlich mit
dem Kaffee, wenn es draußen jeden Augenblick wieder regnen kann und wir kein Gas
haben?«
»Sie sind der faulste Butler, den ich kenne«, antwortet Hansen, zieht sich an und
macht sich daran, einen kleinen Stapel Holz vor dem Zelt aufzuschichten. Ohne eine Tas-
se schwarzen Kaffee geht bei uns morgens überhaupt nichts.
»Ich frage mich, wie viele Kalorien wir auf dieser Tour verbrennen werden und wie
vor allem du Hungerhaken danach aussehen wirst«, sage ich, während ich den schma-
len, sehnigen Rücken meines Bruders beobachte, der sich über den Topf mit dem ko-
chenden Wasser beugt.
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