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»Das Dorf sieht so neu aus«, staune ich, als wir langsam mit unseren Rädern durch die
geschäftige und tibetanisch-bunte Hauptstraße von Qumahexiang den Berg hochfahren.
Alle Gebäude sehen aus wie frisch errichtet, nur vereinzelt sieht man kleine Geschäfte,
die deutliche Altersspuren tragen. Auf einmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
»Das Erdbeben«, erinnere ich mich, »2010 war doch hier in der Gegend ein schweres
Erdbeben!« Nur wenige Minuten später bestätigt sich meine Vermutung, als wir eine
Lehrerin treffen, die aus Chengdu kommt und vor Ort mitarbeitet, um das Dörfchen
wieder aufzubauen. Auch uns hilft sie beim Einkauf und zeigt uns, wo man gute Früchte
bekommt. Während Paul mit ihr den Obst- und Gemüseladen, der in einer Autowerk-
statt untergebracht ist, erkundet, mache ich vor der Tür Bekanntschaft mit dem örtlichen
»Obermönch«, wie mir die Lehrerin später erklärt. Er ist etwas zurückhaltender als die
übrigen Tibetaner, die neugierig an unseren Rädern herumspielen und sich über unsere
Ausrüstung amüsieren. Der Mönch reicht mir die Hand und sagt mit einer leichten Ver-
beugung etwas, das vermutlich »Willkommen« heißt. Ich bin beeindruckt von der Ru-
he, die er ausstrahlt, und seine Geste berührt mich. Man hört so viel über die gewaltlose
und trotzdem hartnäckige Gegenwehr der Mönche gegen die Übermacht der chinesi-
schen Regierung.
Als wir wieder aus dem Ort herausfahren, werden wir von einer Traube johlender
Kindern begleitet. Hier und da ertönt ein »Goodbye« , was sowohl zur Begrüßung wie auch
zum Abschied eingesetzt wird. Das war am Anfang manchmal irritierend - ein lautes
»Goodbye« vermittelt nicht unbedingt das Gefühl, besonders willkommen zu sein.
MAI TAI / 2. SEPTEMBER / IM KREIS QUMARLEB
PAUL
Die Brücke, die uns über den Fluss weiter Richtung Yushu führt, hängt voller Gebets-
flaggen. »Kann denen nicht mal jemand sagen, dass sie ihre Wäsche woanders aufhän-
gen sollen?«, fragt Hansen feixend.
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