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genheit, unsere Schlafsäcke zu trocknen. Als wir die Hütte betreten, witscht ein Fuchs an
uns vorbei ins Freie. In einer Ecke finden wir seinen Bau. Er wird wohl heute draußen
schlafen müssen.
Am Morgen des nächsten Tages setzen wir uns vor die Hütte in die gerade aufgegan-
gene Sonne, frühstücken gemütlich, packen unsere Sachen und fahren weiter. Die Straße
wird zunehmend schlechter, wenig später ist der Untergrund überhaupt nicht mehr be-
fahrbar. »Da ist die Stelle, die wir auf der Karte gesehen haben«, stellt Paul fest. »Ab hier
hört die Straße auf.« Vor uns liegt der Ursprungsfluss des Jangtsekiang. Weil das Fahren
unmöglich ist, steigen wir ab und schieben unsere Räder durch den immer tiefer wer-
denden Sand am Ufer des Flusses entlang. »So geht das nicht weiter«, ächzt Paul einige
Kilometer später. »Wenn wir es so bis zur nächsten Stadt schaffen wollen, brauchen wir
Tage!« Er hat recht. Also setzen wir uns hin und überlegen uns bei einer Pause, wie wir
das Schieben effizienter organisieren können. Um die Räder leichter über den Sand zu
ziehen, versuchen wir, die beiden Packesel mit Stöcken und Seilen nebeneinander zu ei-
nem vierrädrigen Gespann zu verbinden, um uns dann wie zwei Ackergäule davorzu-
spannen, leider ohne Erfolg. Wir entscheiden uns schließlich für die unbequemere, aber
gute Alternative, die Pedalen mitsamt Armen abzuschrauben und unsere Hüften mit dem
Gürtel an der Sattelstange festzubinden. So können wir über dem Fahrrad stehend, mit
der Hüfte ziehend und, ohne uns an den Pedalen zu stoßen, das Rad über den Sand zie-
hen. »Jetzt machen wir im wahrsten Sinne des Wortes eine Radwanderung«, mache ich
mich über Paul lustig, der neben mir herschleift. Diese Methode ist zwar angenehmer,
als neben dem Rad stehend zu schieben, aber trotzdem enorm anstrengend. Die Räder
sinken so tief im Sand ein, dass man dass Gefühl hat, beide Bremsen wären angezogen.
Mit jedem Schritt rutscht man einen halben zurück.
Immerhin schaffen wir auf diese Art die 20 Kilometer am Tag und haben bis zum En-
de des nächsten Tages die härtesten Strapazen hinter uns. Die Straße wird mehr und
mehr befahrbar, und je näher wir dem kleinen Dörfchen Qumahexiang kommen, desto
mehr bunt geschmückte Motorräder fahren mit schallend lauter Musik an uns vorbei.
Leider wird aber auch das Wetter wieder schlechter, und es regnet in Strömen. Aus der
Ferne hört man noch die Musik des Motorrads, das eben an uns vorbeifuhr: »Vamos a la
playa« schallt es von den verregneten Bergen zurück. »Vamos Himalaja«, singt Paul mir
grinsend zu. »Playa wäre mir im Moment echt lieber«, antworte ich.
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