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zu uns rüber, wodurch die gesamte Luft um uns herum in der Sonne glitzert und blitzt.
Der Schneeschleier sinkt hinter uns in die Ebene ab, so, dass man ihn von oben sieht, als
ob man auf einen Nebelschleier aus Glitter schauen würde. Die darunterliegende Land-
schaft wirkt dadurch unwirklich und magisch. Unter mir fließt der Gletscher zwischen
den Gipfeln in das Tal, dorthin, wo ich vorhin noch stand. Man kann 100 Kilometer
weit schauen und sieht, wie das Hochtal langsam Richtung Yushu abfällt. Ich habe das
Gefühl, die Erdkrümmung zu sehen, und über allem breitet sich der tiefblaue Himmel
aus, der nun fast wolkenlos den Blick ins All freigibt. Der gesamte Boden ist mit von der
Kälte zersplittertem Schiefer bedeckt, wenn man darüberläuft, klingt es, als ob Glas zer-
bricht. Eifrig flattern und knattern die Gebetsflaggen im eisigen Wind. Mir sacken bei-
nah die Knie weg vor unglaublichem Glücksgefühl. Wer hätte gedacht, dass es noch so,
so, so viel besser werden kann, als man es sich immer erträumt und vorgestellt hat. Auch
Hansen hat sein Fahrrad abgelegt, und wir fallen uns in die Arme. Das ist der Moment,
für den wir diese Tour machen, das hier, genau jetzt, das ist es. Wir sind in einem abso-
luten Glückstaumel, immer wieder läuft mir ein Glücksschauer über den Rücken, und
ich jubele oder schweige fassungslos. Das ist der schönste Augenblick der gesamten
Tour. Schöner kann es nirgendwo sein. Wir sind die einzigen Menschen weit und
breit - vollkommen allein. Vor Freude, Rührung, Erschöpfung, Glück steigen mit die
Tränen in die Augen. Die Kälte, der Wind, die Anstrengung, alles ist vergessen. Dieser
Moment ist perfekt.
Wir spähen aus, wo die Straße beginnt, der wir weiter unten im Tal folgen wollen, und
fahren über die sanft geschwungenen und trotzdem steilen Hügel querfeldein hinab. Es
ist wie in einem Traum, man braucht keine Straße, weil das flache Gras und der darun-
terliegende Boden die perfekte Oberfläche bilden. Sanft rollen wir von Hügel zu Hügel.
Am letzten Teil ist der Hang so steil, dass wir mit beiden Rädern gleichzeitig bremsen
müssen und trotzdem ins Rutschen geraten. Dann hilft nur noch, sich quer zum Hang in
Serpentinen den Berg hinunterzuschlängeln.
Die Sonne steht nun so tief, dass sie unsere langgezogenen Schatten bis hinunter ins
Tal wirft. Unter uns jagt eine Herde Yaks durch das Flussbett, an dessen Ufer wir unser
Nachtlager aufschlagen wollen. Die riesigen Tiere sind fast furchteinflößend, wie sie, ge-
folgt von einer riesigen Staubwolke, über die Ebene und durch den Fluss preschen. Als
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