Travel Reference
In-Depth Information
langsam neben uns herzufahren. Er erwidert keinen unserer Grüße, sondern wirft uns
stattdessen tödliche Blicke zu. Als er nach etwa zwei Kilometern tatenlos abdreht, dauert
es keine zwei Minuten, bis ein SUV vor uns hält. »Was ist denn jetzt los?«, zische ich, als
drei Männer aussteigen und uns ein Zeichen zum Anhalten geben. »Wirkt irgendwie so,
als ob das eine mit dem anderen zusammenhängt, oder?«, flüstert Paul zurück.
Die drei geben sich als Polizisten zu erkennen und fragen uns, ob wir einen Notruf
abgesetzt hätten. »Wir?«, frage ich ungläubig. »Nein, nicht dass ich wüsste.«. Der Poli-
zist schaut misstrauisch. Ob wir denn in letzter Zeit zwei anderen Radfahrern begegnet
seien, fragt der Polizist weiter. »Warum wollen Sie das wissen?«, frage ich nun ebenfalls
misstrauisch. Ich spreche den Kleinsten der drei an, der das beste Englisch spricht. Sie
hätten heute Morgen über die zentrale Notrufnummer nach Hilfe gerufen und jetzt ver-
suche man, sie zu finden. »Ein bisschen spanisch kommt mir das Ganze schon vor«, sagt
Paul auf Deutsch, während ich dem Polizisten auf der Karte angebe, wo in etwa wir die
beiden Russen gesehen haben. »Warum hat dieser Typ uns vorhin so grimmig ange-
schaut … und warum behaupten Sie, es wäre ein Notfall, aber haben nicht mal einen
Arzt dabei?« Auch wenn Paul, während er redet, durch Gesten auf die Karte so tut, als
sage er irgendetwas ganz anderes, gebe ich ihm ein Zeichen, die Klappe zu halten. Zuge-
geben, es ist schon komisch, dass sie aus einer Gegend, in der wir tagelang keinen Fitzel
Empfang hatten, per Telefon um Hilfe gerufen haben sollen und dann auch noch, ohne
ihren Standpunkt anzugeben, GPS hatten sie dabei. Vielleicht sucht die Polizei sie also aus
ganz anderen Gründen … Andererseits, wenn sie tatsächlich in Not sind, wäre es schön
blöd, nicht zu helfen.
Als die Straßenbefragung beendet ist, nutze ich noch die Gelegenheit, mich wegen ei-
ner Visaverlängerung in Golmud zu erkundigen. Wie der Zufall so will, antwortet der
Polizist: »Yes, you can do that, actually, I am the one issuing visa extensions and Tibet permits, it's my job.
Come to my ofice tomorrow morning. I'll try to help you.«
»Tibet-Permits, Hansen, hast du gehört?«, sagt Paul, als wir wieder fahren.
»Klar! Da gehen wir morgen als Allererstes hin.« Kaum habe ich das ausgesprochen,
taucht Golmud vor uns auf. Nicht nur, weil es Vielfalt auf unserem Speiseplan ver-
spricht, bin ich berührt. Es markiert auch das Ende der dritten großen Etappe unserer
Tour. Zwei Drittel sind geschafft.
Search WWH ::




Custom Search