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Die Gegend um uns herum ist wieder in dem hier ständig vorhandenen zähen Staub-
nebel versunken, man sieht nur wenige Kilometer weit. Wir sind erschöpft und halten
kurz an, als eine kleine Maus vor uns vorbeispaziert. Vor meinem Vorderreifen pausiert
sie, stellt sich auf ihre Hinterbeine und schaut uns an. Sie reibt sich mit beiden Pfoten
den Sand aus den Augen und schaut noch mal genauer hin, erst beäugt sie mich, dann
Hansen. Sie putzt sich erneut die Augen und spaziert schließlich seelenruhig zwischen
uns durch. Ungläubig schaue ich Hansen an, der trocken feststellt: »Die braucht eindeu-
tig eine Brille.«
Bevor wir weiterfahren wollen, schaue ich zufällig auf den Höhenmesser, und was
ich da erkenne, erklärt unsere Erschöpfung. »Hansen! Wir sind seit heute morgen schon
fast 400 Meter gestiegen, das hier ist kein Flachland mehr, das sieht nur so aus!«
Wir sind fassungslos über die Sinnestäuschung, aber als wir uns beide mit den Schul-
tern parallel zur Straße stellen, erkennen wir es. Der Dunst und die relationslose Land-
schaft hat völlig darüber hinweggetäuscht, dass sich das Flachland in ein wacker anstei-
gendes Land verwandelt hat. Ohne zu wissen, dass wir ständig bergauf fahren, hatten
wir natürlich das Gefühl, nicht vorwärtszukommen.
Nach beinharten 40 Kilometern kommt ein Einstieg in die Bergwelt, wie ich ihn nie
zuvor gesehen habe. Statt am Fuße eines Berges zu stehen und sich hochzuarbeiten, ste-
hen wir plötzlich bei knapp 2000 Metern Höhe an einer Kante, von der aus man in die
Berge hinunterfährt. Das Flachland hat uns langsam so weit hinaufgebracht, dass das
Vorgebirge des Himalaja unter uns losgeht. Erst im Nachhinein sehen wir, dass wir
durch den Nebel verborgen schon längst vom Gebirge umgeben waren.
Wie immer, wenn wir Berge sehen, vollzieht sich irgendetwas in uns - obwohl es
diesmal, nach etwa 1400 Kilometern Wüste, nachvollziehbar ist. Die Laune steigt mit je-
dem Höhenmeter, und obwohl es anstrengend ist, verspüren wir plötzlich endlose Ener-
gie und strampeln nach einer kurzen Abfahrt in die Berge weitere 15 Kilometer den
nächsten Berg rauf. Mein Knie ist wie vergessen. Idyllisch schlängelt sich die Straße an
dem ausgetrockneten Flussbett entlang, schwer beladene Lkw kommen uns hupend mit
stinkenden Bremsen entgegen, und eine chinesische Familie beschenkt uns reich mit
Weintrauben, Pfirsichen, Gurken, Wasser, Äpfeln und Doseneintopf. Hach, ich liebe die
Berge!
Wir überqueren den Fluss, um auf der anderen Seite das Lager aufzuschlagen. In der
Ferne kämpfen sich die Lkw das Tal hoch, überladen ohne Ende. Wie zum Showdown
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