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Als wir uns gerade auf den Weg machen wollen, kommt uns der Arzt mit zwei Melo-
nen entgegengelaufen. Er habe vergessen zu sagen, dass Paul die Bandagen alle zwei Ta-
ge wechseln soll, gibt er uns zu verstehen. Und dass wir langsam machen sollen. Er
schenkt uns die riesigen Melonen und wünscht uns viel Glück. Was für ein toller Kerl.
Wir verabschieden uns und finden keine zwei Kilometer hinter dem Dorf einen schatti-
gen Strand an einem kleinen Fluss. Hansen ist aus Solidarität, oder um sich lustig zu ma-
chen, die Strecke auch nur mit einen Bein gefahren. Am Strand verspeisen wir die Was-
sermelonen und legen eine Kur ein. »Du musst wieder fit werden«, sagt Hansen. »Au-
ßerdem tut es gut, in dieser Oase zu sein. Endlich mal keine Wüste …«
»Ja«, sage ich entspannt, lege mich auf den Rücken und schließe die Augen. Ich höre
das Wasser rauschen und schlafe ein.
Als ich am 7. August aufwache, ist es schon fast mittags. Obwohl die Sonne scheint, ha-
ben die Bäume so lange Schatten auf unser Zelt geworfen, dass man ohne Schweißaus-
brüche bis jetzt schlafen konnte. Ganz gemütlich stehen wir auf und genießen den spä-
ten Start in den Tag. »Scheiße«, sagt Hansen auf einmal, und deutet ins Vorzelt. Unter
seinem Schuh, den er gerade angehoben hat, liegt ein kleiner Skorpion und streckt ihm
aggressiv seine Scheren entgegen. »Da haben wir aber Glück gehabt, wir müssen echt
besser aufpassen!«
Vorsichtig heben wir den unangenehmen Zeitgenossen mit einem Stock an und set-
zen ihn in einen aufgeschnittenen Plastikkanister. Aus Neugierde mailen wir einen aus-
gewiesenen Skorpionexperten an und schicken ihm ein Foto. Dieser schreibt nur wenige
Minuten später zurück: »Auf keinen Fall anfassen. Wenn ich es richtig sehe, ist er unter
Umständen tödlich. Seid bloß vorsichtig! Das Gift dieses Skorpions kann Atemlähmung
und Kreislaufkollaps verursachen.« Erschrocken nehmen wir den Kanister und setzen das
Tier mehrere Hundert Meter entfernt aus.
Als ich meine Wunden neu verbinden will, muss ich feststellen, dass die Kompressen
nicht gefettet waren und mit der Wunde verklebt sind. Nach und nach weiche ich sie in
Wasserstoffperoxid ein und löse den Stoff langsam aus der schleimigen Kruste. Während
der Prozedur werden wir von zwei Anglern entdeckt, die sich, ohne unseren Gruß zu er-
widern, dicht neben mich setzen und mir bei der gesamten Wundpflege zuschauen. Die
Wunde am Knie sieht echt fies aus, trotzdem bleibt der Besuch und unterhält sich ange-
regt über mich. Ich komme mir wieder vor wie ein Affe im Zoo, der versucht, mit sei-
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