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Paul kann nicht lachen. Er zittert immer noch. »Mir ist kalt«, sagt er. Und das mitten
in der brütenden Hitze. Ich drehe ihn vorsichtig auf die Seite und decke ihn mit einem
Schlafsack zu. »Wir müssen ins Krankenhaus«, denke ich laut. Die Hüfte muss bestimmt
genäht werden, mindestens professionell desinfiziert, vielleicht sogar geröntgt. Ich ver-
suche, das einzige vorüberfahrende Auto anzuhalten, aber erfolglos. Der Fahrer ignoriert
die Situation einfach und fährt vorbei. »Arschlöcher«, fluche ich leise vor mich hin.
Während Paul eingeschlafen ist, mache ich mich daran, sein Rad zu reparieren und den
Unfallhergang zu rekonstruieren. Glücklicherweise scheint auch das Rad den Unfall ohne
große Schäden überstanden zu haben.
Der Lenker ist leicht verbogen und verkratzt, die Taschen sind halb aufgerissen, der
Sattel aufgeplatzt und ein paar Halterungen sind abgebrochen - alles nicht weiter
schlimm und leicht zu reparieren. Das Meiste hat die Outdoor-Kamera abgekriegt, die an
einer Halterung über dem Vorderrad montiert ist. Und wenn ich mir das genauer an-
schaue, wird mir auch klar, wie dieser Unfall überhaupt passieren konnte. Ich laufe wie
ein Detektiv die Sturzstelle ab und versuche, die Schäden am Rad und an Paul mit den
Spuren auf dem Boden zu kombinieren. Nach kurzer Bedenkzeit präsentiere ich dem ge-
rade aufgewachten Paul meine Theorie: »Das Display der Kamera ist quasi abgehobelt.
Das Stativ muss sich gelöst haben und ins Vorderrad gekommen sein. Die Kamera wurde
beim Sturz vom Stativ zwischen Rad und Boden gedrückt. Das Vorderrad hat dann zwar
blockiert, aber es ist auf der Kamera über den Boden gerutscht, auf dem glatten Display.
Ich hab dich ja über meine Schulter noch stürzen sehen, und du bist nicht über das Rad,
sondern neben dem Rad vorbeigeflogen. Ich vermute, das Vorderrad ist auf der Kamera
weggerutscht und du bist dadurch relativ sanft auf den Boden geglitten, anstatt im ho-
hen Bogen über den Lenker zu fliegen, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Deswegen
hast du auch nur auf einer Seite Schürfwunden, dein Helm ist intakt, und der Aufprall
war nicht so heftig, als dass du dir etwas hättest brechen können. Das Fahrrad hat sich
danach auf der Straße verkeilt und überschlagen, daher die Schäden rundum.«
»Wahnsinn, Hansen. An dir ist echt ein Ermittler verloren gegangen. Das macht alles
total Sinn.« Trotz seiner schmerzhaften Beteiligung an dem eben geschilderten Ereignis
ist Paul froh über meine Recherche. Während der nächsten fünf Stunden schläft er, und
ich repariere die Schäden und halte immer wieder nach einem Auto Ausschau, das uns
ein Stück mitnehmen könnte. Nichts. Nur mit dem Wetter haben wir Glück, denn die
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