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terschied ist, dass Hansen der Welt mit viel mehr Skepsis begegnet als ich. Vielleicht,
weil er mehr Situationen erlebt hat wie diese, nach denen man nicht mehr einfach ge-
nauso weitermachen kann wie zuvor.
Der dumpfe Aufprall eines Steins nicht weit von mir, reißt mich aus meinen Gedan-
ken. Ich zucke zusammen und drehe mich um. Weiter unten in der Mulde winkt Hansen
zu mir hoch. Hier können wir unser Zelt aufbauen, gibt er mir mit ausladenden Armbe-
wegungen zu verstehen.
Nach einem tourtypischen Abendessen aus Nudeln mit Olivenöl, Äpfeln und Karotten
stecken wir vier Heringe in einem weitläufigen Quadrat um unser Zelt auf. Darum her-
um lassen wir eine Angelschnur laufen, an deren Ende ein Topf wackelig auf dem Fahr-
rad steht. Sollten sich Sasch und seine Kumpanen in unsere Nähe wagen, werden wir das
immerhin mitbekommen. Außerdem haben wir Hansens Buschmesser, einen dicken
Prügel und ein paar massive Steine im Vorzelt liegen.
»Sind wir ein bisschen paranoid?«, fragt Hansen mich, als wir nach getaner Arbeit ins
Zelt kriechen.
»Kann sein«, antworte ich, »lass uns einfach hoffen, dass wir nichts davon benutzen
müssen.«
Obwohl todmüde, liege ich noch eine Zeit lang wach. Hansen und ich haben beim
Abendessen ausgiebig über den Vorfall gesprochen. Mit derartigen Risiken hatten wir
nicht gerechnet, aber jetzt wissen wir, was das Auswärtige Amt meint, wenn es davon
abrät, abends allein in dünn besiedelten Gebieten unterwegs zu sein. Man glaubt es so
lange nicht, bis man es am eigenen Leib zu spüren bekommt. Ob wir weitermachen,
wollen wir nicht direkt heute entscheiden, sondern erst in den nächsten Tagen, wenn
wir etwas Abstand zu der Sache haben.
Das mögliche Ende unserer Reise vor Augen, denke ich daran zurück, wie wir überhaupt
auf die verrückte Idee kamen, diese Tour zu planen. Alles fing an in dieser seltsamen
Nacht im Februar 2009, in der wir betrunken in einem Hotelzimmer in einem Vorort
von Hamburg lagen, nachdem wir am selben Abend 20000 Euro bei Jörg Pilawas Quiz-
show gewonnen hatten. Zehn für jeden - eine Riesensumme! Damals haben wir über-
legt, was wir mit dem Geld machen. Hansen brauchte das Geld vor allem für sein letztes
Studienjahr, ich wollte auf jeden Fall den Motorradführerschein machen und mir eine
Maschine kaufen. Einen Teil des Geldes wollten wir für irgendetwas verwenden, dass
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