Information Technology Reference
In-Depth Information
2.5.2
Konnektionistische Systeme
Unter einem konnektionistischen System im engeren Sinn kann man ein Netz verstehen,
das aus einer Anzahl etwa gleichmächtiger Verarbeitungseinheiten (Units) besteht, die
entlang der Verbindungsstruktur des Netzes miteinander kommunizieren und dessen In-
formationsverarbeitung wesentlich auf der Kommunikation zwischen diesen elementaren
Verarbeitungseinheiten beruht. In diesem Buch wird dabei im Rahmen der späteren Kon-
zeptionalisierung die Restriktion aufgehoben, dass die Verarbeitungseinheiten gleichartig
und „einfach“ sein müssen, d. h. sie können als einzelnes Element auch komplexe Ver-
arbeitungsprozesse ausführen. In dieser erweiterten Definition sind dann objekt-orientier-
te Systeme und Aktor- oder Agentensysteme eingeschlossen. Dabei wird vorausgesetzt,
dass die Verarbeitungseinheiten einen eindimensionalen geordneten Zustandsraum haben,
der durch die Menge der reellen Zahlen R oder durch die Menge der ganzen Zahlen Z
beziehungsweise ein Intervall daraus oder durch die Menge {0,1} repräsentiert wird. Ein
Zustand wird als Aktivierungszustand oder einfach Aktivierung und der entsprechende
Wert als Aktivierungsgrad bezeichnet. Wesentlich ist außerdem, dass die (gerichteten)
Verbindungen zwischen den einzelnen Verarbeitungseinheiten gewichtet sind, im Allge-
meinen mit ganzzahligen Werten, den sogenannten Verbindungsstärken oder Gewichten.
Die Verarbeitungseinheiten können sich entlang dieser Verbindungen beeinflussen, wobei
der Grad der Beeinflussung vom aktuellen Aktivierungsgrad der vorgeschalteten Verarbei-
tungseinheit und dem Gewicht der Verbindung abhängt. Ist beispielsweise die Verbindung
positiv gewichtet, wirkt sie aktivitätserhöhend auf die nachgeschaltete Verarbeitungsein-
heit, ist sie negativ gewichtet, wirkt sie in Richtung einer Aktivitätssenkung. Der Struktur
dieses Netzes von Kommunikationsverbindungen und den zugeordneten Verbindungsstär-
ken werden die wesentlichen Eigenschaften und Funktionen eines konkreten konnektio-
nistischen Systems zugeschrieben. Insofern ist in dieser Verbindungsstruktur das gesamte
„Wissen“ des Systems „verteilt“ gespeichert. Dem Phänomen des Lernens, das auf einer
Modifizierung der Gewichtung der Verbindungen beruht, kommt in konnektionistischen
Modellen eine besondere Bedeutung zu, da komplexe konnektionistische Systeme oft
nicht mehr explizit konstruierbar sind.
Ein weiterer unterscheidender Punkt gegenüber der Symbolverarbeitung ist, dass sich
die Art der Wissensrepräsentation in konnektionistischen Modellen vollkommen anders
gestaltet.
Im Rahmen der Implementierung von konnektionistischen Systemen wird angenommen, dass die
Leistungen kognitiver Systeme ohne den Rückgriff auf Symbolmanipulation und symbolische Re-
präsentation erklärt werden können. Diese Annahme ist jedoch keine Absage an den Symbolver-
arbeitungsansatz und damit auch keine an den diesem Buch zugrunde liegenden Funktionalismus.
Konnektionistische Systeme werden daher auch nicht als empirisches Potenzial für die Ablehnung
mentaler und funktionaler Zustände gesehen. Vielmehr wird die Gegenthese dazu vertreten, dass
auch konnektionistische Ansätze funktionale Zustände postulieren, weil sie diese implizit voraus-
setzen. So ist evident, dass jedes neuronale Netz eine Maschine mit endlichen Zuständen darstellt.
Theoretisch ist zu jedem Zeitpunkt der Gesamtzustand des Netzes durch die Zustände der Neuronen
Search WWH ::




Custom Search