Information Technology Reference
In-Depth Information
9.1.7
Wissensakquisition
Die Entwicklungsmethodik für wissensbasierte Systeme im Generellen bzw. für kognitive
Lösungen im Besonderen bedient sich zum einen der Erkenntnisse der bisher vorgestell-
ten Entwicklungsmethodik, erweitert diese aber an den Stellen, wo die Aspekte der Wis-
sensakquisition (knowledge acquisition) zu berücksichtigen sind (Bunke und Mey 1987 ).
Dabei gilt zu beachten, dass die Wissensakquisition gemäß des Ansatzes dieses Buches
ein Teilaspekt des Wissensmanagements darstellt. Wissensakquisition stellt in vielerlei
Hinsicht den „Flaschenhals“ eines jeden wissensbasierten Problemlösungsansatzes dar.
Zum einen stellt sie den aufwendigsten und zugleich subjektivsten Teilprozess des Ent-
wicklungsprozesses dar. Die strukturelle Differenz zwischen dem Repräsentationsmodell
des Lösungssystems und dem mentalen Modell des Experten bestimmt letztendlich die
Qualität der gesamten Wissensakquisition von der Erhebung über die Interpretation bis
zur Repräsentation und Validierung des Wissens (Harrington 1991 ).
Die Wissenserhebung ist der initialisierende Teilprozess der Wissensakquisition. Auf-
gabe der Wissenserhebung ist die Verbalisierung und Dokumentation von Wissen einer
oder verschiedener Wissensquellen oder Wissensträger (Abb. 9.13 ). Als Quelle oder
Träger solchen Wissens können dabei Textdokumente, Datenbanken, ganze Bücher oder
menschliche Experten oder Expertensysteme selbst fungieren. Dazu kann man sich eta-
blierter Techniken aus dem Bereich der Psychologie bedienen: verschiedene Formen des
Interviews, Protokollanalyse oder Konstruktgitterverfahren. Das strukturierte Interview
ist dabei ein sehr subjektives Akquisitionsmittel, wohingegen das Konstruktgitterverfah-
ren eine weitgehend neutrale Erfassung des Wissens sicherstellt. Das erklärte Ziel der
Konstruktgitter-Technik ist es, persönliche Einstellungen und Wertmaßstäbe eines Exper-
ten zu erfassen. Die besondere Schwierigkeit liegt hierbei darin, die Beobachtungen un-
beeinflusst von Strukturierungsmethoden zu dokumentieren. Die Konstruktgitter-Theorie
baut auf der Annahme auf, dass persönliche Beurteilungen und Wertungen von Ereig-
nissen durch Aufstellen von Hypothesen generiert werden. Die aufgestellten Hypothesen
bzw. Konstrukte (generische mentale Konzepte) werden an Hand von persönlichen Welt-
bildern verifiziert und, falls Deckungsgleichheit besteht, übernommen. Die Charakteristik
der Konstruktgitter-Theorie lässt dieses Verfahren auch für die Wissensakquisition geeig-
net erscheinen. Denn auch hier ist man bestrebt, menschliche Erfahrung unabhängig von
Befragungsmethoden zu erfassen.
Search WWH ::




Custom Search