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Alles zusammen, Theorien, Modelle und deren Simulationen auf Basis lauffähiger Lö-
sungssysteme werden den Computer als Trägermedium in mehrfacher Hinsicht zu einer
bisher qualitativ einzigartigen „Brainware“ ausgestalten. Letzteres begründet sich unter
anderem auch darin, dass der Computer nicht nur Algorithmen einfach abarbeitet, sondern
dass er theorie- bzw. erkennntnisgenerierend eingesetzt werden wird, also auf mehreren
Ebenen den Forscher in seiner mühevollen Aufgabe, über Kognition nachzudenken, mit
seiner artifiziellen Kognition zu unterstützen vermag. Die wissenschaftstheoretische Im-
plikation zeigt sich auch darin, dass in einer wissenschaftlichen Tätigkeit, die immer mehr
auf dem Einsatz von Technologien basiert - und zwar nicht nur, um formalisierte Theorien
einer Überprüfung zu unterziehen, sondern immer häufiger auch zur Theoriegenerierung
selbst - dem Prozess der Implementierung innerhalb der Forschungsheuristik immer mehr
Bedeutung zukommt. Es sind damit nicht nur pragmatische Handlungsentscheidungen,
welche innerhalb des Wissenserwerbs eine Rolle spielen, sondern durch die Verwendung
von Technologie und mit dem Einsatz von Computersystemen im Rahmen von Simula-
tionen kommt der „simulativen Vernunft“ eine entscheidende Bedeutung zu. Damit soll
an dieser Stelle lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass die theoretische und die
praktische Vernunft unter Umständen um ein Element des Spiels, der Exploration und
der Simulation erweitert werden muss. Durch diese Erweiterung lässt sich Wissenschaft
dann als ein regelbasiertes Entscheidungs- und Handlungssystem rekonstruieren, das sich
über Simulationen aufbaut, indem die Formulierung und Überprüfung bestimmter wis-
senschaftlicher Hypothesen und Theorien anhand von Simulationsprogrammen erfolgen
kann, denen dann im Ergebnis fundamentale Bedeutungen zukommen können. Technolo-
gisch induzierte Wissenschaft vollzieht sich demnach immer mehr in einem Raum poten-
tieller Möglichkeiten und Realisierungen, so dass zwischen dem Schritt von der theo-
retischen Vernunft zur praktischen Vernunft, die simulative Vernunft als technologische
Realisierung von Hypothesen und Theorien mit ihrem Kriterium der Simulierbarkeit als
erkenntnisgewinnender Zwischenschritt gegangen werden kann. Dieser, der Erkenntnis-
gewinnung dienende Zwischenschritt, wirkt sich auch auf den Aspekt des Wissens aus,
so dass in der Simulation die Wissensarten bzw. die Wissensqualitäten mit dem instru-
mentellen Wissen in einer neuen Art und Weise konvergieren, um dadurch eine neue Wis-
sensform entstehen zu lassen. In diesem neuen Simulationswissen verschmelzen Intuition,
Beschreibung, Modellierung und handlungsorientiertes Implementieren dergestalt, dass
das, was simuliert wird, als beschreibbar und - da es funktioniert - als validierbar gilt. Die
Simulation als ausführbares Modell liefert die Erklärung, als auch - bei positivem Aus-
gang der Validierung - den Beweis für das implementierte Verfahren. Somit ist Simulation
Erklärung und Beweis zugleich und das daraus gewonnene Simulationswissen das Ergeb-
nis. Wenn also in Wissenschaft bisher Experiment und Interpretation bzw. Wahrnehmung
noch weitgehend auseinanderfielen, so fusionieren sie nun in der Computersimulation auf
eine neue Art und Weise, um dann als „Kernfusion“ einen neuen Wissenstypus entstehen
zu lassen. Dieser Wissenstypus in Form von Simulationswissen ist vor allem dadurch
gekennzeichnet, dass Theorie und Praxis sowie Modell und Technologie verschmelzen,
wenngleich diese „Kernschmelze“ auch zur Besinnung auffordert. So besteht die Gefahr,
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