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beispielsweise nicht mehr von Schmerzen oder Wille, sondern nur noch von Feuern der
C-Fasern gesprochen werden sollte, Gegensätze, wie zwischen „Erklären“ und „Verste-
hen“ erst entstehen lassen, die nunmehr auch im Rahmen des Cognitive Computing mü-
hevoll wiederabgebaut werden müssen. Ein weiterer Gegensatz zeigt sich auch in der
„klassischen“ Argumentation, dass nur die naturwissenschaftlichen Theorien erklärenden
Charakter und prognostische Kraft besitzen, während die geisteswissenschaftlichen Me-
thoden weder erklären noch vorhersagen können, sondern nur beschreiben (Hermeneutik).
Dieses bescheidene Wenige wird Ausgangspunkt für eine fortschreitende Dynamisierung
von Theorien sein. Die Theoriendynamik erhält ihren wesentlichen Impuls aus der wei-
teren Technologisierung, die zunehmend Bedeutung für die Forschung erlangt. In Form
der Computersimulation zur Generierung und Überprüfung von Theorien fundiert sie
darüber hinaus die zukünftige Transdisziplin „Cognitive Computing“ als eigenständigen
Forschungsbereich. Insofern lautet das wissenschaftsphilosophische Fazit, dass sich Cog-
nitive Computing, eingebettet in Lösungssysteme immer mehr zu einer zur Technik avan-
cierenden Kognitionstheorie entwickeln wird. Damit hat dieses Buch aber auch gezeigt,
dass sich das Cognitive Computing und die Entwicklung kognitiver Lösungssysteme zu
einer „Transdiziplin“ entwickelt, die zunächst ganz ohne ein zentrales und damit hart „ver-
drahtetes“ Paradigma oder einem Paradigmenwechsel auskommt, da andere Momente,
unter anderem die Technologisierung, die Theoriedynamik evolutiv bestimmen. Dies zeigt
sich auch durch die gegenwärtige Situation der Forschung, die dadurch gekennzeichnet
ist, dass sie sich zur Erkenntnisgewinnung der Computersimulation als theoriebildende
und -validierende Methoden bedienen wird, um kognitive Leistungen zu modellieren,
dann zu operationalisieren und in dieser simulativen Abbildung als lauffähige Programme
zu validieren. Aufgrund der „harmonisierenden“ Bedeutung der Simulation, indem sie
die teils komplementären Ansätze in der Lauffähigkeit des Systems vereint, wird sich
ebenfalls kein Paradigmenwechsel ereignen, sondern die Komplementarität unterschied-
licher Forschungsansätze zum Tragen kommen. Insofern erweist sich der Paradigmen-
begriff als viel zu statisch und nur an revolutionären Veränderungen orientiert, um die
eher evolutionären, permanenten theoriekonstitutiven technologischen Innovationen des
Cognitive Computing erfassen und abbilden zu können. Gerade dadurch wird aber eine
neue Forschungssituation entstehen, indem sich komplementäre Strukturen ausbilden, in
denen es ein Mit- und Nebeneinander, eine Art Koexistenz der Ansätze geben wird und
die die gegenwärtig noch teilweise verfolgten Abschottungstendenzen überwinden wer-
den. Insgesamt werden neue Überlegungen und die Entwicklung weiterer technologischer
Anwendungen auch zu keiner vollständigen Substitution bisheriger Modellvorstellungen,
sondern eher zu einer Pluralisierung der Theorien und Hypothesen führen. Dieser „weiche
Gestaltwandel“ in Form eines schleichenden Übergangs von Vorstellungen schließt aller-
dings einen zukünftigen Paradigmenwechsel nicht a priori aus. So kann es sich sehr bald
herausstellen, dass beispielsweise der Begriff der „Informationsverarbeitung“ als derzei-
tiges Paradigma zu wenig aussagekräftig erscheint und man damit dieses Paradigma ggf.
verlassen bzw. überwinden muss.
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