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bei, dass Kosten gespart werden können, weil beispielsweise die Einführung neuer Pro-
duktionsmethoden durch Einsatz von Robotersystemen zunächst am Bildschirm in ihrer
Wirkung getestet werden kann. Simulationen sind damit Werkzeuge, die das Vorgehen
nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum wesentlich ungefährlicher und kostengünstiger
machen. Der Ersatz von Beobachtung durch Simulationsergebnisse kann daher durchaus
als weiterer Schritt hin zu einer pragmatischen oder gar instrumentalistischen Auffassung
von Wissenschaft aufgefasst werden. Dieser Schritt hätte unter Umständen zugleich den
befreienden Aspekt, dass Wissenschaft nicht länger nur durch eine wie auch immer gear-
tete Wahrheitssuche legitimiert wäre, sondern dass das von ihr produzierte Wissen in Form
von Modellen durch Technologien im Rahmen von Simulationen validiert werden könnte.
Etwas pathetischer formuliert zeigt dieser Schritt, dass nach den Mythen, die die münd-
liche Kultur beherrscht haben und der Theorien und Modelle, welche durch die Schrift
ermöglicht wurde, nun ein neuer Typ von Erkenntnis durch den Einsatz der Informations
und Kognitions technologie als logische und praktische Konsequenz möglich wird, der
auf Simulation beruht. So standen in den einzelnen Abschnitten dieses Buches unter an-
derem kognitive und mentale Phänomene im Fokus. Es war hierbei oft von Bewusstsein,
Wünschen, Zielen, Intentionen oder auch mentalen Zuständen, Prozessen, Entitäten oder
Ereignissen die Rede. Der Versuch, mit wissenschaftlichen Methoden den Gegenständen,
auf die diese Begriffe bezogen werden, näher zu kommen, kann zur Folge haben, dass
diese Gegenstände aus dem „Blickwinkel“ verschwinden. Der Einsatz der Simulation als
Werkzeug kann diesen „blinden Fleck“ zumindest kompensieren. Auch die eingangs be-
handelte Differenzierung zwischen realistischer und funktionalistischer Simulation hat
deutlich gemacht, dass immer auch eine Erörterung der Ziele von Wissenschaft dem Zu-
griff auf Theorien oder dem Einsatz von Werkzeugen vorher zu gehen hat. Ist das Ziel Er-
kenntnis einer wie auch immer gearteten Realität, können Simulationen unter bestimmten
Umständen dann sinnvolle Werkzeuge sein.
Im Verlauf der Erkenntnisgewinnung hat sich die Simulation kognitiver und mentaler
Phänomene dabei als Erklärung derselben entwickelt, weil sie nicht nur die Simulation,
sondern die Replikation dieser kognitiven und mentalen Zustände bedeuten. Da es aber
möglich war, im Rahmen der Konzeptionalisierung und Implementierung das Zustande-
kommen der replizierten mentalen Zustände im Rahmen des Symbolverarbeitungs- oder
des subsymbolischen Ansatzes (Konnektionismus) zu erklären, ist das Zustandekommen
mentaler Zustände zumindest in artifiziell kognitiven Systemen einer allgemeinen Theorie
von Kognition näher gekommen. Im Rahmen der Validierung durch Simulation und dann
durch Einsatz in Echtzeit wird letztlich der unabdingbaren Forderung Rechnung zu tragen
sein, dass alle theoretischen Annahmen, die in einer Simulation enthalten sind, sich in
der empirischen Überprüfung bewähren müssen. Nachdem die Simulationen bzw. die sie
realisierenden Programme als Theorie aufgefasst wurden, stellt diese am Ende des Buches
eine Theorie artifizieller kognitiver Systeme, aber nicht die Theorie aller kognitiven Sys-
teme dar.
Diese Bescheidenheit soll auch als didaktischer Warnhinweis verstanden werden.
Gerade in den letzten Jahren haben „marktschreierische“ Äußerungen, dass in Zukunft
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