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Die mit Denken, Verstand, Sprache, Wissen, Erkenntnis und Wahrnehmung des Menschen
zusammenhängenden Probleme und ihre Formalisierung gehören nicht ausschließlich in eine
Disziplin, sondern fallen in zahlreiche Einzelwissenschaften, die als Transdisziplin nach einer
integrativen Lösung streben (Gardner 1989 )
Cognitive Computing wird als eine technologisch orientierte und als natur- und geistes-
wissenschaftlich zu verstehende Disziplin aufgefasst, die unter Einsatz von Computern,
also durch rechnergestützte Algorithmisierung menschliche und künstliche Intelligenz-
leistungen zu modellieren und zu simulieren sucht.
Wenn also die Kognitionswissenschaft zunächst als ein interdisziplinäres und dann auf-
grund der Technologisierung durch das Cognitive Computing als transziplinäre Disziplin
aufgefasst wird, lässt sich diese Auffassung auch dadurch legitimieren, dass sich deren
äußerste Fachgrenzen in einer ersten Näherung an drei Kriterien festmachen lassen:
• an der Erweiterung des Gegenstandsbereiches ,
• an der Erweiterung der Forschungsmethoden und
• an der Erweiterung der wissenschaftlichen Gemeinschaft als Ansammlung von Fach-
leuten eines Wissenschaftsgebietes.
Die Rolle der Scientific Community (im Folgenden als Wissensgemeinschaft bezeichnet) wird im
Verlauf der nächsten Jahre eher noch an Bedeutung zunehmen. Vor allem deshalb, weil neben Para-
digma gerade von der Wissenschaftsgemeinschaft auch eine Immunisierungsfunktion ausgeht, in-
dem neue Theorieansätze marginalisiert und andersdenkende Wissenschaftler diskriminiert werden.
Die wissenschaftliche Gemeinschaft ist als wissenschaftsphilosophische Kategorie im Bereich des
Cognitive Computing demnach so grundlegend, dass sie eine wesentliche Rolle spielen und ein
eigenes Forschungsgebiet werden wird.
Gerade das Kriterium der Forschungsmethoden macht die Umbruchsituation erkennbar,
indem das Cognitive Computing die klassische Kognitionswissenschaft technologisiert,
damit zu einer Erweiterung des Methodenkanons führt und dies nicht nur zu einer Er-
kenntnis-und Wissenserweiterung führt, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung
mit diesen neuen Möglichkeiten bedingt.
Eine solche kritische Auseinandersetzung wird durch die Erwartung motivert, dass die durch die
Technologisierung der Kognitionswissenschaften möglichen Simulationen nicht nur die Welt, son-
dern auch die Sichtweisen auf diese und den Menschen nachhaltig verändern wird. So wie die bloße
Existenz des Fernrohrs - als Beispiel einer frühen Technologie - die Kultur des Sehens im Ganzen
und die kulturellen Wahrnehmungsformen verändert hat, werden auch die Fortschritte der Kogni-
tionswissenschaften das allgemeine Bild vom Menschen tiefgreifend verändern. Dies zeigt sich in
ersten Ansätzen daran, dass klassische Problem- und Fragestellungen aus einer neuen Perspektive
betrachtet bzw. gestellt werden müssen: Wie soll man sich aufgrund der Neurotechnologie die Be-
ziehung zwischen Gehirn und Bewusstsein denken? (McDermott 2007 ) Gibt es noch so etwas wie
eine Seele oder eine Persönlichkeit? Was bleibt noch von der Willensfreiheit und Autonomie des
Menschen? Aber auch: Muss das Rechtssystem in Anbetracht der Tatsache, dass Systeme mit einer
artifiziellen Kognition ausgestattet werden, an die neue Faktenlage angepasst werden? Wer wird
die Verantwortung tragen, wenn autonome Systeme trotz oder wegen deren inhärenten artifiziellen
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