Information Technology Reference
In-Depth Information
ser Form ist artifizielles Bewusstsein immer Bewusstsein von Kontext. Man kann dies
auch als eine spezifische Form inneren Wissens bezeichnen, das die kognitiven Prozesse
flankiert. Eine Form inneren Wissens entsteht, wenn die die Repräsentationen tragenden
inneren Zustände des Systems ihrerseits zum Inhalt höherstufiger Verarbeitungsprozes-
se und der dadurch bedingten Zustände werden. Insofern geht der Ansatz dieses Buches
davon aus, dass ein kognitives System nicht nur deklaratives Wissen über Sachverhalte
der Problemdomäne, sondern auch die interoperativen Strukturen zur Verarbeitung dieser
Wissensstrukturen hierzu entwickelt. Man behandelt das System als reflexive Verarbei-
tungseinheit, als eine des Denkens über sein kognitives Funktionieren bzw. zur Steuerung
seiner höheren kognitiven Prozesse fähige Entität. Mit Reflexion ist dabei eine systemi-
sche Rückwendung des Systems auf sich selbst gemeint, wodurch die inneren Strukturen
des Systems zum Gegenstand der Verarbeitung werden. Durch eine solche Reflexion hebt
sich das System vom rein verarbeitenden System ab (Newen und Vogeley 2000 ).
Im Gegensatz zur Introspektion, wo eine Selbstbeobachtung aus psychologischen Motiven stattfin-
det, die sich auf die eigenen Erlebnisse richtet, ist die Reflexion enger gefasst, da sie vor allem auf
die eigenen Erkenntnisse ausgerichtet ist und nahezu logische Züge aufweist.
Es kommt also zu einer Art systemischer Bewusstheit und Bewusstsein. Im Kontrast zur
intuitiven, anschaulichen Wahrnehmung ist die Reflexion prozesshaft und eng an die Ver-
arbeitungsprozesse des Gesamtsystems gekoppelt. Insofern wird in diesem Buch an die-
ser Stelle einem Epiphänomenalismus vehement widersprochen. Ein solcher betrachtet
Systemphänomene als Wirkungen verarbeitungsbedingter Ereignisse, die selbst jedoch
weder kognitive noch interaktive bzw. interoperative Ereignisse verursachen. In dieser
Sichtweise sind Verarbeitungsergebnisse in Form von Daten-, Informations- und Wissens-
strukturen, sowie die damit induzierten Interaktionen bzw. Interoperationen das Produkt
von Vorgängen innerhalb des Systems, zwischen diesen Ergebnissen selbst bestehen aber
keine kausalen Zusammenhänge.
Der Ausdruck der Intentionalität wird verwendet, um die Eigentümlichkeit des arti-
fiziellen Bewusstseins zu bezeichnen, auf einen Gegenstand oder Sachverhalt Bezug zu
nehmen. Artifizielle Bewusstseinsakte sind durchweg intentionale Akte, kurz Intentionen,
mit denen das System auf etwas Bezug nimmt. Die Daten-, Informations- und Wissens-
strukturen, die ein kognitives System verarbeitet, sind dabei zunächst eine Art von Inhalt.
Im Rahmen des intentionalen Systems muss es gelingen, trotz der Komplexität dieser
Strukturen durch eine kognitive Verarbeitung eine Intention, ein Meinen entstehen zu las-
sen. Das intentionale System umfasst dabei die Funktion der Intuition und des planenden
Denkens. Beide Funktionen dienen dem reproduktiven bzw. dem produktiven Denken.
Während reproduktives Denken nur die Anwendung verfügbaren Wissens oder geübter
Strategien auf neue Aufgaben umfasst, erfordert produktives Denken die Berücksichti-
gung spezifischer struktureller Merkmale der Problemlösekonstellation, aus denen sich
aufgrund von Einsicht ein neues Lösungsprinzip erschließt. Das Ergebnis produktiven
Denkens ist in der Regel eine neue, bislang unbekannte Sicht eines Problems und seiner
Lösung.
Search WWH ::




Custom Search