Information Technology Reference
In-Depth Information
2.7.4
Implikationen
Es liegt also nahe, sich nicht nur in der Grundlagenforschung, sondern auch im kommer-
ziellen Bereich nach neuen Ansätzen zu suchen. Insofern soll in diesem Abschnitt ein
erster Ausblick in Form einer Skizze gegeben werden, die dann in den späteren Kapiteln
sukzessive ausgebaut wird.
Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass die klassische Künstliche Intelligenz mit ihren
Ansätzen und Lösungen die eigenen Grenzen des Möglichen erreicht hat. Die ursprüng-
liche Idee, eine universell intelligente Maschine zu entwerfen, die imstande ist, kognitive
Prozesse in einer Weise zu simulieren, die komplexe Problemstellungen löst und einer
zunehmenden interdisziplinären Betrachtung standhält, wurde zwar angestrebt, das Ziel
jedoch nicht erreicht. Vielleicht war man viel zu sehr auf das Bestreben fokussiert, die
Architektur und Arbeitsweise des Computers in die Modelle und Lösungen zu projizieren,
anstelle umgekehrt, die Architektur und Arbeitsweise des menschlichen Nervensystems als
Blaupause für mögliche Lösungsansätze heranzuziehen. So lässt sich diese naive Schwer-
punktsetzung am Beispiel der Wissensrepräsentation belegen, eine Problemstellung, die
nach wie vor als ungelöst bezeichnet werden kann. In vielen klassischen Systemen wird
versucht, die reale Welt auf abstrakte Weise möglichst exakt abzubilden. Konkret wer-
den dabei die persönlichen Vorstellungen und die Ansichten einer an der Klassik orien-
tierten Wissenschaftsgemeinschaft in die Struktur der Wissensrepräsentation eingebracht
und versucht, die Daten und Wissensstrukturen sowohl relativ realitätsnah und vor allem
implementierungstechnisch günstig in Symbole bzw. Symbolstrukturen zu pressen. Spä-
testens in den Problemdomänen, wo eine Anpassung an sich dynamisch veränderlichen
Umweltbedingungen gefordert ist, scheitert diese Vorgehensweise. In diesen Domänen
kommt der durch den Entwickler zu einem gewissen Zeitpunkt entwickelten Wissens-
repräsentation nicht eine endgültige und allgemeine Form bzw. Struktur zu, sondern viel-
mehr muss diese Struktur in der Lage sein, sich den Umwelteinflüssen entsprechend anzu-
passen und damit die Struktur zu verändern. Insofern muss diese ein quasi-autonomes und
aktives System sein, das eine eigene innere Dynamik besitzt und nur von außen „angesto-
ßen“ wird. Diese Anforderung ist dabei nicht neu, sondern lässt eine gewisse Nähe zum
Konstruktivmus und dessen Auffassung erahnen. Demnach empängt das Nervensysytem
passiv keine Informationen, sondern bringt vielmehr aktiv seine Welt hervor, indem es
bestimmt, welche Konfigurationen der Umwelt durch Perturbationen das Nervensystem
beeinflussen. Ein Nervensystem in diesem Sinn hat also eine eigene innere Dynamik und
wird von außen perturbiert, deformiert und modelliert, aber eben nicht fremdgesteuert.
Um ein Beispiel zu nennen, muss ein Expertensystem, das von Regeln gesteuert wird,
eben nicht nur eine passende Lösung zu den gegebenen Fakten suchen. Denn ohne eine
gleichzeitige Assoziation und gereichte semantische Handlungsempfehlungen ist die beste
Regel inhalts- und bedeutungslos. Es ist daher ein System gefragt, das nicht ausschließ-
lich linear Schlüsse zieht, sondern vielmehr eine abgeschlossene ganzheitlich autonome
Einheit bildet, die von außen nur mehr angestoßen , eben nicht fremdgesteuert wird und
die gemäss des handlungsorientierten Ansatzes dieses Buches in der Lage ist, mit ihrer
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