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Kompatibilität und Skalierbarkeit
Neben der Ausführungsgeschwindigkeit, den Kosten und dem Strombedarf gibt es
zahlreiche andere Kriterien, die den Entwurf einer Prozessorarchitektur beeinflus-
sen. Hierzu zählen die Kompatibilität und die Skalierbarkeit. Eine Prozessor B ist
kompatibel (compatible) zu einem zweiten Prozessor A, wenn B sämtliche Pro-
gramme ausführen kann, die sich für A codieren lassen. Falls zusätzlich A in der
Lage ist, alle für B codierbaren Programme auszuführen, werden A und B als voll
kompatibel zueinander bezeichnet.
Benutzerkompatibel ( user compatible ) sind schließlich alle Prozessoren B, deren
Kompatibilität zu A auf den Benutzermodus beschränkt ist (siehe Abschnitt 1.4.3).
Zwar sind sie in der Lage, die meisten für A codierten Programme auszuführen,
i.Allg. gilt dies jedoch nicht für Betriebssysteme, deren Ressourcenverwaltung
gewöhnlich in einem höherprivilegierten Betriebszustand bearbeitet wird (z.B.
Zugriffe auf die geschützte Seitentabelle einer Speicherverwaltungseinheit). Als
Konsequenz sind mit der Entwicklung eines zu einem Vorgänger A benutzerkompa-
tiblen Prozessors B die existierenden Betriebssysteme zu portieren.
Eine Technik, mit deren Hilfe es auf einfache Weise gelingt, Kompatibilität zu errei-
chen, ist die in Abschnitt 2.1.7 beschriebene Mikroprogrammierung . Zum Beispiel
ist es möglich, die Multiplikation einmal als aufwendiges, dafür jedoch mit einem
Durchsatz von einer Operation pro Takt arbeitendes Schaltnetz zu realisieren und
ein anderes mal mikroprogrammiert, indem die Multiplikation auf Additionen und
Shift-Operationen abgebildet wird. Dies ist z.B. in den System/360-Rechnern von
IBM in den 60er Jahren genutzt worden, um unterschiedliche Systeme anbieten zu
können, die sich in Preis und Geschwindigkeit erheblich voneinander unterschieden,
jedoch voll kompatibel zueinander waren [58].
In modernen Prozessoren hat die Mikroprogrammierung an Bedeutung verloren, da
sich selbst komplizierteste Funktionseinheiten höchster Geschwindigkeit kosten-
günstig integrieren lassen. Kompatibilität wird heute demzufolge nicht durch Ein-
satz einer bestimmten Technik erreicht, sondern von Fall zu Fall auf unterschiedli-
che Weise. Soll z.B. ein VLIW-Prozessor realisiert werden, der zu dem in Bild 3.13
kompatibel ist, aber eine größere Operationsparallelität als sein Vorgänger aufweist,
dann muss sich der neue Prozessor nach dem Einschalten zunächst genauso verhal-
ten, als könnte er ebenfalls wie das Vorbild nur wenige Operationen gleichzeitig
bearbeiten. Durch Umschalten der Interpretationsweise, z.B. indem ein Steuerbit
gesetzt oder gelöscht wird, kann später die Operationsparallelität bei Aufruf entspre-
chend codierter Programme erhöht werden. Wesentlich hierbei ist, dass der Prozes-
sor zunächst in einem kompatiblen Modus startet, da sich nur so existierende
Anwendungen weiterhin fehlerfrei bearbeiten lassen.
Während sich die Kompatibilität meist auf in der Vergangenheit realisierte Prozes-
soren bezieht, stehen bei der Skalierbarkeit zukünftige Entwicklungen im Vorder-
grund. Komponenten oder Eigenschaften einer Prozessorarchitektur werden als ska-
lierbar bezeichnet, wenn es möglich ist, kompatible Erweiterungen vorzunehmen,
durch die sich vorhandene Programme mit höher Geschwindigkeit bearbeiten las-
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