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Argumentation
10.1
Motivation und Einfuhrung
Der Bereich der Argumentation hat eine lange Tradition. Historisch gesehen ist
Argumentation eine Teildisziplin der Philosophie, die sich mit der Analyse von Dis-
kursen und mit Rhetorik beschaftigt. Dabei wird Argumentation zur dialektischen
Erorterung benutzt, in der ein Sachverhalt unter unterschiedlichen Gesichtspunkten
beleuchtet wird. Andererseits sind vielfaltige Argumentationsformen Teil des wissen-
schaftlichen und auch des alltaglichen Lebens, die z.B. in Diskussionen, Streitigkei-
ten etc. zu Tage treten. In allen moglichen Situationen, in denen etwas entschieden
werden muss, ist Argumentation daher eine wichtige Hilfe bei der Entscheidungs-
findung. Argumentation kann gewissermaßen als eine verbale Form eines Beweises
angesehen werden, wobei die einzelnen Schlussfolgerungen nur “vernunftig” sein
mussen. Im einfachsten Fall ist Argumentation dabei eine Schlussfolgerungskette.
Die Bedeutung von Argumentation fur Wissensreprasentation und -
verarbeitung und fur die Modellierung menschlichen Schließens ist darin begrundet,
dass Argumentation eine der fundamentalsten Formen des Commonsense Reasoning
ist. So kann man auch argumentieren, wenn man die Gesetzmaßigkeiten der Logik
(noch) nicht kennt, wie das folgende Beispiel eines argumentierenden Kindergar-
tenkindes zeigt: “Du musst mir Gummibarchen geben, weil Du mir Gummibarchen
versprochen hast, wenn ich ganz lieb bin, und ich war ganz lieb!” Auch auf einer
formalen Ebene verhalten sich Argumentation und Logik eher orthogonal zueinan-
der. So ist Argumentation z.B. weniger strikt als Logik, weil die Schlussfolgerungen
in der Regel nicht zwingend sind und es keine so klare Semantik gibt. Andererseits
sind die Anforderungen an Argumentation teilweise hoher als in der Logik, weil es
nicht nur darum geht, ob Aussagen wahr oder falsch sind, sondern auch darum, ob
und gegebenenfalls wie sie begrundet werden konnen.
Es gibt daher eine Reihe von Grunden, sich bei der Untersuchung von Metho-
den wissensbasierter Systeme mit Argumentation zu beschaftigen. So sind Typen
von Alltagsinferenzen fur die Modellierung realer Szenarien und fur die Mensch-
Maschine-Interaktion ebenso wichtig wie Alltagswissen. Weiterhin ermoglicht Ar-
gumentation nichtmonotone Inferenzen, und insbesondere fur Multiagentensysteme
stellt Argumentation eine naturliche Basis fur die Gestaltung von Kommunikatio-
nen und Verhandlungen dar. Eine argumentative Architektur eines wissensbasierten
Systems erlaubt besonders uberzeugende Erklarungen und kann damit eine gute
Akzeptanz sichern.
So gehort seit der Jahrtausendwende die Argumentation auch zu den wichtig-
sten Themen in der Wissensreprasentationsforschung. Zum einen mag das dadurch
begrundet sein, dass mit dem zunehmenden Interesse an Multiagentensystemen Me-
thoden verteilter Wissensbildung und Entscheidungsfindung immer wichtiger wer-
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