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Angenommen, der Programmierer Hans Lisp wird gefragt, wie er morgens zur
Arbeit kommt. Hans ist engagierter Umweltschutzer, also nimmt er normalerweise
den Bus. Diese Einstellung spiegelt sich in dem Default
Weg zur Arbeit : nehme Bus
nehme Bus
(8.1)
wider, der gelesen werden kann als “ Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, und es
spricht nichts dagegen, dass ich den Bus nehme, so nehme ich den Bus ”. Da Hans
es mit dem Umweltschutz sehr genau nimmt, ist er vielleicht sogar versucht, seine
Haltung durch die sichere Regel
Weg zur Arbeit
nehme Bus
(8.2)
auszudrucken. Doch eines Morgens findet er ein Schild an der Haltestelle: “Heute
keine Busse! Streik!” Nun ist es Hans gar nicht moglich, mit dem Bus zu fahren,
und er muss auf andere Weise ins Buro gelangen. Wahrend diese seltene Situation
die gesamte sichere Regel (8.2) falsifiziert, bleibt der Default (8.1) weiterhin richtig,
nur ist er jetzt eben nicht anwendbar .
Hans, der in festen Prinzipien denkt, mag darauf erwidern, dass seine Maxime
sich nun, nach der Streik-Erfahrung, durch die revidierte sichere Regel
Weg zur Arbeit
kein Streik
nehme Bus
ausdrucken lasst. Doch damit hat er nicht alle denkbaren Ausnahmen mit einge-
schlossen: 1 Busse fahren auch nicht, wenn die Straßen vollkommen vereist sind.
Oder Hans hat verschlafen, will aber einen sehr wichtigen Termin nicht versaumen
und nimmt zahneknirschend das Auto. Demgegenuber ist der Default viel flexibler:
Er ist anwendbar, solange nicht explizite Grunde dafur vorliegen, dass man den Bus
nicht nehmen kann.
Der obige Default beschreibt also ein typisches oder normales Verhalten, im
Fall von Hans sogar auch ein normatives Verhalten (schließlich handelt Hans nicht
aus Bequemlichkeit, sondern aus Uberzeugung).
Ein Beispiel fur einen normativen Default, der nicht typischerweise oder nor-
malerweise gilt, ist der folgende:
Angeklagt : unschuldig
unschuldig
mit der Bedeutung: “ Solange die Schuld eines Angeklagten nicht bewiesen ist, hat
er als unschuldig zu gelten ”. Da ein Verfahren nicht ohne triftige Grunde eroffnet
wird, sagt uns unsere Erfahrung, dass normalerweise die Unschuld eines Angeklagten
zumindest in Zweifel gezogen werden kann. Dennoch fordert der Default ebenso wie
das Gesetz, dass die Schuld eindeutig bewiesen werden muss.
Im nachsten Default wird eine pradikatenlogische Ausdrucksweise zur Formu-
lierung eines ublichen gesellschaftlichen Verhaltens benutzt:
Geburtstag( X )
Freund( Y,X ) : gibt Geschenk( Y,X )
gibt Geschenk( Y,X )
1 Beachten Sie hier die Parallelen zum Qualifikationsproblem (vgl. Abschnitte 3.1.1 und 11.4.2).
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