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Um die Beurteilung neuer Falle jedoch vom Experten unabhangig zu machen,
muss ein Computersystem in der Lage sein, aus oberflachlichen Situationsbeschrei-
bungen detaillierte und abstraktere Situationsanalysen abzuleiten. Zur Beurteilung
der Kreditfahigkeit eines Bankkunden ist weniger die absolute Hohe seiner Ein-
nahmen und Ausgaben entscheidend als vielmehr der Unterschied zwischen bei-
den. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen ist es das Verhaltnis der militarischen
Starke beider Gegner, das fur eine Beurteilung berucksichtigt werden muss. Beson-
ders wichtig ist eine genaue Situationsanalyse in Rechtsfallen : Bei der Beurteilung
eines Strafmaßes spielen in der Regel die Namen der beteiligten Personen keine Rol-
le, auch die Tatwaffe ist von untergeordneter Bedeutung. Wichtig sind vielmehr die
Motive des Delinquenten und das Ausmaß an Gewalt, das sich in seiner Tat zeigt.
Eine solche Situationsanalyse ist ein interpretativer Prozess.
Schließlich benotigt man zur Durchfuhrung einer e zienten Suche auch geeig-
nete Algorithmen, die oft eine besondere Organisation der Fallbasis erfordern.
Hat man nun - im Idealfall - einen “besten” Fall aus der Fallbasis herausge-
sucht (im Allgemeinen konnen es auch mehrere sein), so besteht der nachste Schritt
darin, eine Naherungslosung ( ballpark solution ) (bzw. eine naherungsweise Interpre-
tation) zu erstellen. Im Normalfall wird dies einfach die Losung bzw. Interpretation
des alten Falles sein. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass diese vorgeschlagene
Losung bereits wichtige Weichen fur die Anpassung an das neue Problem stellt. Bei
der Diagnose von Krankheiten (im Wesentlichen ein Klassifikations-, also Interpre-
tationsproblem) erfahren z.B. die Symptome im Kontext moglicher Krankheiten oft
eine ganz andere Gewichtung. Von der Festlegung einer Naherungslosung kann also
ganz wesentlich die endgultige Losung abhangen.
In probleml ¨ osendenCBR-Systemenwirddiesedurch Adaption der Nahe-
rungslosung an die neue Problemsituation bestimmt. Hierzu muss das System nicht
nur wissen, wie es angleichen soll, sondern auch, was es angleichen soll, d.h. welche
Komponenten der Losung von der Adaption betroffen sind. Um das herauszufin-
den, richtet man sein Augenmerk (bzw. das des Systems) auf Unterschiede zwischen
alten Losungen und neuen Vorgaben. Zur Ergrundung von Inkonsistenzen, die da-
bei aufgedeckt werden, setzt man manchmal sog. Buchhaltungsverfahren ein, also
Verfahren, die Zustande eines Systems und Ubergange zwischen ihnen moderieren.
Im Kapitel uber nichtmonotones Schließen werden wir in den Truth Maintenance-
Systemen (TMS) einen wichtigen Typus eines solchen Buchhaltungsverfahrens ken-
nenlernen. Zur Durchfuhrung der Adaption benotigt man eine geeignete Adaptions-
strategie .Diesekonnen sich an Heuristiken orientieren, auf allgemeinen Methoden
basieren oder fachspezifisches Wissen benutzen. Im interpretativen Kontext wird in
dieser Phase versucht, eine Begrundung fur die naherungsweise Interpretation zu
konstruieren, indem man einen Abgleich der neuen Situation mit fruheren Fallen
vornimmt.
Es schließt sich die Phase der kritisierenden Revision der vorgeschlagenen
Losung oder Interpretation an. Hierzu werden noch einmal Falle aus der Fallba-
sis herausgesucht, wobei jetzt allerdings die provisorische Losung das entscheidende
Suchkriterium liefert. Wichtig ist auch festzustellen, ob in einer ahnlichen Situa-
tion die Losung fehlgeschlagen ist. Findet man konkrete Anhaltspunkte fur eine
solche Fehlleistung auch beim aktuellen Fall, so muss unter Umstanden der gesamte
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