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Sonntag, 4. Januar 2015 - Kaffeeplantage und Cali
Bis gut 3 Uhr wurden wir im Hostel von dem hämmernden Technobass immer wieder wach, obwohl wir gute 300
Meter vom Marktplatz entfernt waren. Wahnsinn, in Deutschland wäre so etwas definitiv nicht möglich, was einerseits
gut, andererseits auch langweilig ist. Hier feiern wirklich die alten Leute mit den jungen Leuten und jeder
Samstagabend ist eben Party. Egal ob wenig Geld oder viel Geld, jeder feiert so gut wie er/sie es eben kann. Mit
günstigem Bier oder teurem Wein, ich habe alles gesehen. Kolumbien strahlt Lebensfreude aus und deswegen bin ich
immer noch hier, obwohl ich nach Neujahr eigentlich in Ecuador sein wollte.
Bevor es nach Cali geht, fahre ich erst einmal 4 km außerhalb zur Kaffeeplantage von El Ocaso. Für gut 3,- €
bekomme ich hier um 9 Uhr eine Führung durch die Plantage und erfahre wirklich einmal was es heißt Kaffee
anzubauen. In Nacaragua war es ja vielmehr eine Besichtigung, hier wird einem wirklich alles erzählt. Von den
Pflanzen, die drei Jahre wachsen müssen, bis sie Früchte tragen, über das Pflücken per Hand, da nur rote Kaffeebohnen
reif sind und den Kaffeegeschmack nicht versauen. Keine Pestizide, alle 5 Jahre werden die Pflanzen komplett
beschnitten und brauchen dann wieder 3 Jahre zum Wachsen. 5 Hektar, 25.000 Kaffeepflanzen, 125.000 kg Kaffee pro
Jahr und jetzt kommt's: 400 Pesos bekommt die Plantage pro Kilogramm, das sind knapp 10 € für einen 70 kg Sack
Kaffee, ungeröstet. Das sind 18.000,- € / Jahr für die komplette Ernte. Kein Wunder, dass Kaffeebauer und deren
Erntehelfer so Arm sind. Ausgebeutet könnte man schon beinahe sagen, wenn man sich überlegt, wie viele
Arbeitskräfte für das manuelle Pflücken und aussortieren von Nöten sind. Übrigens gehen gut 80% des Kaffees ins
Ausland, nur die B-Bohnen werden in Kolumbien geröstet und hier zu Kaffee gemacht. Klar gibt es Ausnahmen, aber
deswegen ist der Kaffee in Kolumbien meist gar nicht so gut, da man eben B-Bohnen röstet und trinkt. Auf der
Kaffeeplantage zum Glück nicht. Wir mahlen die gerösteten Bohnen, gießen 90°C heißes Wasser auf und sind vom
milden Geschmack beeindruckt.
Der Kaffee hat mich hungrig auf ein Frühstück gemacht und so halte ich gleich im nächsten Dorf für Rührei mit
Reis und Bohnen für 1,-€ an und werde direkt von Juan, einem Kolumbianer angesprochen, der Stolz auf Deutschland
ist, weil wir die WM gewonnen haben. Er spricht perfektes Englisch, kommt aus Bogota und hat mein Kennzeichen
erkannt. Ist mir ja schon öfter passiert, aber Juan ist superfreundlich und besteht darauf, dass er mein Frühstück zahlt.
Immerhin bin ich Gast in Kolumbien, in seinem Land. Die Menschen sind so unglaublich Stolz auf ihr Land und
werden glücklich, wenn man als Gast die Schönheit zu schätzen weiß und es auch ausspricht. Ach, die Kolumbianer
sind ein tolles Volk - ich kann nicht genug von denen bekommen.
Die Ruta 40 führt mich über gut ausgebaute Straßen immer Richtung Süden und es dauert nur knapp 2,5 Stunden
inkl. Pausen bis ich in Cali ankomme. Sonntag, die komplette Stadt schläft und nirgends ist auch nur irgendjemand zu
sehen. Ich frage mich wohin die Kolumbianer verschwinden oder ob sie sich einfach nur zuhause den Rausch
ausschlafen. Es ist wirklich gespenstisch, eine schlafende Stadt um 13 Uhr. Ich checke im Hostel ein, stelle mein
Motorrad in den Innenhof und springe erst einmal in den Pool. Ein wenig Kettenpflege und mit den zumeist jungen
Menschen ein wenig quatschen, die sich ja immer für mein Motorrad interessieren. Langsam habe ich dennoch die Lust
an Hostels verloren. Es wird Zeit mal wieder ein Hotel zu nehmen und sei es nur für eine Nacht.
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