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triotismus der Schweiz ist nicht zu leugnen. Abgesehen von den Vereinigten
Staaten, habe ich nirgends so viele wie selbstverständlich gehisste National-
laggen gesehen. Sie hängen an Balkonen, lattern an Autoantennen, wachen
über Schrebergärten und zieren Baustellen. An Fest- und Feiertagen haben
Busse und Trambahnen vorne kleine Fähnchen aufgesteckt, und am Bundes-
feiertag, dem 1. August, weht ein Meer aus rot-weißen Schweizer Fahnen.
Grund genug, Rot zu tragen? Nicht unbedingt.
2. Theorie: Die Schweizer mögen Dorothy aus dem Zauberer von Oz . Es klingt
nach Verrat, beinahe Blasphemie, das im Land von Heidi laut auszusprechen,
aber vielleicht wollen sie unbewusst rubinrote Ballerinas tragen, auch die
Männer. Problematisch bei dieser Theorie ist nur, dass der Zauberer von Oz in
der Schweiz, vor allem weil er nicht alljährlich zu Weihnachten ausgestrahlt
wird, keinen Kultstatus besitzt. Ich kenne Leute, die den Film noch nie gesehen
haben!
3. Theorie: Die Schweizer wissen nicht, wie man Accessoires kombiniert. Prak-
tisch jeder zweite Rotbeschuhte, den ich sehe, trägt entweder nichts in der
gleichen Farbe oder, Gott behüte, Dinge, die sich deinitiv mit Rot beißen. Ich
verlange ja nicht, dass jeder stets mit perfekt abgestimmtem Outit herum-
läuft, aber schauen die Leute nicht in den Spiegel, bevor sie aus dem Haus ge-
hen?
4. Theorie: Die Schweizer sind farbenblind. Das würde jedoch bedeuten, dass
sie alle glauben, grüne Schuhe zu tragen, und ich weiß nicht, was schlimmer
ist.
5. Die Schweizer sind allesamt gläubige Katholiken. Bis zur Beisetzung Johan-
nes Pauls II. (in der Schweiz auf 19 Kanälen und in sechs Sprachen ausge-
strahlt) war mir nicht klar gewesen, dass der Papst rote Schuhe trägt. Anschei-
nend ist das bei Päpsten Tradition. Aber nur 42 Prozent der Schweizer sind Ka-
tholiken, und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch einige Nichtkatholiken ge-
legentlich ganz gern in rote Slipper schlüpfen. Ich frage mich, ob sie über den
Rotschuhfetischismus des Papstes Bescheid wissen.
Jetzt ist es an der Zeit, Jane zu fragen, eine englische Freundin, die schon viel
länger in der Schweiz lebt als ich und vielleicht tiefere Einblicke in die Schwei-
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